Wein mit Tradition – die älteste deklarierte Weinregion der Welt entstand im Jahr 1756. Unsere Autorin hat die Weinernte in Nordportugal hautnah miterlebt.
José, seine Frau, zwei weitere Paare, zwei einzelne Frauen und ich sind an diesem Freitag Ende September auf der Quinta da Pacheca um mitzuerleben, wie Wein gemacht wird. Unser Guide Hugo begrüßt uns und gibt jedem ein T-Shirt und einen Sonnenhut.
Die Quinta da Pacheca befindet sich in der Weinregion Alto Douro. Die Landschaft mit den steilen Ufern und Weinfeldern ist seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe. Und nur hier, in diesem speziellen Klima, wird der Portwein hergestellt. Die Trauben werden von Hand geerntet und für einige Sorten wird der Wein noch mit den Füßen gestampft. Und deswegen sind wir hier – um Trauben zu ernten und Wein zu stampfen. Aber erst mal gibt es Frühstück.
Zwiebelsuppe, Sardinen & Wein
„Wir möchten so authentisch wie möglich vermitteln, wie ein traditioneller Tag Weinernte abläuft“, sagt Hugo, als er unsere erstaunten Blicke sieht. Jeder hat eine Zwiebelsuppe vor sich stehen. Ich weiß nicht – Zwiebelsuppe zum Frühstück?
Aber die Zwiebelsuppe schmeckt ausgezeichnet, dazu gibt es Wein. Auch das wird traditionell so gewesen sein. Allerdings fingen die Arbeiter schon morgens um 6 Uhr an, und die Zwiebelsuppe am Vormittag war für sie das pequeno almoço, das „kleine Mittagessen“. Nach der Suppe gibt es zwei Sardinen, lecker knusprig gebraten. Und dazu Broa, das traditionelle Maisbrot des Nordens.
So gestärkt machen wir uns auf den Weg in die Weinfelder. Die Arbeit in den Weinfeldern im Douro-Gebiet ist hart. “Nove meses de inverno, três meses de inferno”, beschreibt eine Redensart das Klima im Dourotal: neun Monate Winter, drei Monate Hölle, also lange kalte Winter gefolgt von höllischer Hitze.
Ausgerüstet mit einem schwarzen Eimer und einer Schere gehen wir zu den Weinfeldern. Wir haben unsere Sonnenhüte auf, aber zum Glück ist es ein frischer Morgen. Hugo zeigt uns, wie man die Trauben erntet: Er entfernt zuerst ein paar Weinblätter, dann fasst er die Traube vorsichtig unten an und schneidet sie oben ab. Jetzt sind wir an der Reihe. Ich schneide die Trauben und sammele sie in meinem Eimer. In den Reihen stehen graue Kästen. Wenn der Eimer voll ist, werden die Trauben in die Kästen geschüttet. Hugo schafft neue Kästen ran, wir sind nämlich ganz schön schnell! Und es macht richtig Spaß.
Der weite Blick über die Reihen von Weinstöcken, das Gefühl der Trauben in der Hand, der leicht süßliche Geruch – es fühlt sich einfach gut an. Wir sind fast ein bisschen enttäuscht, als Hugo unseren Einsatz für beendet erklärt.
Nächste Etappe: Wein stampfen
Auf dem Weg in die Adega gibt es einen Zwischenstopp und zur Stärkung einen Portwein. Und dann kommt der Teil, der für alle neu und spannend ist. Wir gehen in die Halle, in der die Maische in großen Granitbecken wabert. Dunkelrot, matschig, glibschig – und da soll ich reinsteigen? Mit nackten Beinen?
In der Umkleidekabine liegen ein großer Stapel dunkelblauer Shorts aus grobem Stoff und Handtücher. Dafür ist also das T-Shirt gedacht: um uns vor hartnäckigen Rotweinflecken schützen.
Die Füße werden abgespült, dann steige vorsichtig über den Beckenrand. Schließlich will ich nicht in die Maische fallen. Die Maische ist erstaunlich hoch, geht bis an die Knie. Sie fühlt sich kalt an. Zunächst. Ein paar vorsichtige Schritte. Nach ein paar Schritten fühlt es sich warm an. Nach einer Weile sogar angenehm.
Eine Teilnehmerin schlägt vor, dass wir wie die traditionellen Stampfer gemeinsam durch das Becken gehen. Hugo erklärt, wie es funktioniert. Also stellen wir uns in eine Reihe. Eine Frau gibt den Rhythmus vor. Langsam, langsam, wir sind zu schnell, aber dann wird es, zentimeterweise rücken wir vor, schade, dass es keine Musik gibt, so wie man es auf alten Fotos sieht, wenn jemand Akkordeon spielt.
Das Essen ist wirklich fantastisch. Wir sitzen wieder in dem Pavillon aus Glas, in dem wir schon Zwiebelsuppe gefrühstückt haben. Das Licht ist milde und wir haben einen tollen Blick auf die Hügel des Douro-Gebietes. Es gibt ein 4-Gänge-Menü und dazu verschiedene Weine des Weingutes. Zur Nachspeise – Leite Creme mit frischem Obst – gibt es zwei verschiedene Portweine. Der 30 Jahre alte Tawny schimmert golden und riecht würzig.
„Wäre es nicht schön, wenn wir eine Flasche mit dem Portwein kaufen könnten, den wir gestampft haben?“, hatte einer der Teilnehmer Hugo gefragt. Können wir womöglich, denn wenn ich nächstes Jahr eine Flasche Portwein der Quinta da Pacheca kaufe, ist das vielleicht der Fall.
Urlaub auf einem Weingut in Nordportugal
Zur Zeit der Weinernte im September bieten einige Weingüter am Douro die Möglichkeit, Trauben zu ernten und zu stampfen. So z.B. im Weingut Quinta da Pacheca, wo man im angeschlossenen The Wine House Hotel übernachten kann. Das kleine, charmante Boutiquehotel liegt himmlich ruhig am Südufer des Flusses. Hier hat man das Gefühl, Urlaub bei Freunden zu machen!