Auf dem Weg der Götter oder durch das Tal der Mühlen: Wanderer erleben die spektakuläre Landschaft an der Amalfiküste und am Golf von Neapel von ihrer schönsten Seite. Anmutige Orte wie Positano, Ravello und Amalfi krönen die aussichtsreichen Touren.
Ein bisschen schwummerig wird einem schon beim Blick in die Tiefe. Steil geht es den Abhang hinunter, der Weg der Götter ist auf diesem Abschnitt beim Wandern an der Amalfiküste nur mehr ein steiniger Pfad. Aber was für ein Panorama tut sich hier auf, zwischen Himmel und Meer! Bis zum Horizont glitzert das azurblaue Meer des Golf von Salerno und hinter jeder Kehre zeigt die fantastische Amalfiküste ein neues, spektakuläres Gesicht. Wilde Macchia und Steineichen sprießen zwischen den schroffen Felsen hervor, an den weniger steilen Hängen wachsen Weinreben und Zitronenbäume. Der „Sentiero degli Dei“ verkörpert alles, was den Reiz dieser „Costa Divina“ ausmacht. Auf seinen acht Kilometern von Agerola über Nocelle und Montepertuso bis nach Positano schlängelt er sich mal an Steilhängen, mal an schwindelerregenden Schluchten entlang, über alte Treppenwege, aber auch über eine Serpentinenstraße.
Mehr als die Wegstrecke, die nur auf kürzeren Abschnitten steil und über ein paar steinige Stufen ansteigt, nimmt die Aussicht dem Wanderer den Atem. Sie reicht bis nach Capri und auf dem letzten Stück eröffnet sich ein wunderbarer Blick über Positano. Rastplätze sind in dieser Felslandschaft eher spärlich gesät, dafür lädt der kleine „Kiosk of the Path of the Gods“ kurz vor Nocelle zu einer Stärkung ein. In dem Holzbüdchen mit der winzigen Aussichtsterrasse sind selbstgemachte Zitronen- und Orangenlimonade der Renner. Eine willkommene Erfrischung beim Wandern an der Amalfiküste!
Gestärkt legen wir das letzte Drittel der Route auf breiten, asphaltierten Wegen zurück. Oberhalb von Montepertuso lässt ein großes Loch, ähnlich einem Durchschuss, in einer Felsformation die Kameras klicken. Von hier aus steigen wir über Treppen hinab in die bunten Gassen von Positano. Mit seinen buchstäblich in die Felsen gemeißelten Häusern wirkt das Städtchen wie ein Gesamtkunstwerk, das seit Generationen Künstler und Schöngeister magisch anzieht.
Italien-Sehnsucht und Papiermühlen
Bei dem Wandern an der Amalfiküste durch das Tal der Mühlen lernen wir heute gleich zwei berühmte Städte kennen: die Musikstadt Ravello und die Perle Amalfi. In luftiger Höhe oberhalb der Küste lädt Ravello zu einem Spaziergang durch die Gärten der Villa Rufolo ein. Richard Wagner fand hier nach einer Schaffenskrise neue Inspiration für seine Oper Parsifal. Beim Wandeln zwischen Bougainvilleen, Palmen, Oleander und Zypressen erinnert leise Opernmusik an den berühmten Gast. Von der Gartenterrasse schweift der Blick weit über den Golf von Salerno und die Küste bis nach Atrani, landeinwärts ragen die Bergketten der Monti Lattari empor. Und von dieser Terrasse erblickt man die Türme der Kirche Santa Annunziata, im Schatten einer wogenden Schirmpinie, davor nichts als das spiegelglatte Meer. Das Motiv ziert die Titel unzähliger Reiseführer und wurde zum Inbegriff der immerwährenden Italien-Sehnsucht. Ein Holztreppchen verhilft heute Besuchern zur perfekten Aussicht.
Von der Villa Rufolo gelangen wir nach ein paar Schritten zur malerischen Piazza Vescovado mit dem Dom St. Pantaleon. Am Ortsausgang bringt uns der Linienbus nach Scala, wo wir unsere Wanderung beginnen. Von dem Bergdorf sieht man die noblen Villen und üppigen Gärten Ravellos in ihrer ganzen Schönheit.
Immer noch mit Blick auf die Küste wandern wir vorbei an grünen Hängen, hier und da ein Haus am Wegesrand. Keine Spur mehr von den Touristenströmen an der Küste, die auch jetzt, Ende September, nicht abreißen. Der Weg entfernt sich nun von der Küste und führt auf breiten Pfaden vorbei an Felsen und durch schattige Bergwälder. Es duftet würzig nach Pinien und Macchia. Nach einem etwas anspruchsvolleren Abstieg über Steine und Geröll grüßt uns das verschlafene Bergdorf Pontone. In der Trattoria neben der Piazza San Giovanni genießen wir Antipasti und selbstgemachte Pasta – und den Ausblick auf die Küste, die sich nun wieder nähert.
Von Pontone geht es vorbei an Obstgärten – hier wachsen sogar Khakis – hinab ins schattige Tal der Mühlen. Beinah unheimlich wirken die mit Farnen und Moosen überwucherten Ruinen der einstigen Papiermühlen, die Amalfi vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert zu einem Zentrum der Papierherstellung machten. Die Mühlen wurden mit dem Wasser der Gebirgsbäche betrieben. Begleitet vom Plätschern des Flüsschens Grevone erreichen wir schließlich über einen flachen, breiten Treppenweg Amalfi. Wer möchte, kann sich hier neben dem obligatorischen Besuch des Doms auch das kleine Papiermuseum in einer ehemaligen Mühle in der Via delle Cartiere anschauen und einmal selbst Papier schöpfen.
Dolce Vita am Golf von Neapel
Die Landschaft um Sorrent ist weniger dramatisch als die Amalfiküste. Statt schroffem Kalkstein dominiert am Golf von Neapel der weichere Tuffstein, die Berghänge fallen zum Meer hin sanfter ab. In der fruchtbaren vulkanischen Erde gedeihen neben Oliven auch Zitronen, Orangen, Mandarinen und Weintrauben. Und so wandern wir von Massa Lubrense über Sant‘ Agata sui Due Golfi auf gemütlichen, von Steinmäuerchen gesäumten Pfaden vorbei an verlockenden Obstgärten und blühenden Wiesen bis nach Sorrent. Unsere Blicke schweifen Richtung Küste, wo wir in der Ferne das Kloster von Massa Lubrense sehen und nach einem moderaten Anstieg auch die Insel Capri. Deren geografische Teilung in eine Ost- und eine Westhälfte ist von hier oben besonders schön zu erkennen.
Wir rasten bei einem einsamen Gehöft, es gibt frisches Baguette mit Provolone, einem aromatischen Käse aus der Region, dazu zuckersüße Trauben. Eine asphaltierte Straße führt uns nach Sant‘ Agata sui Due Golfi. Der hübsche Ort ist bekannt für seine guten Restaurants und die fabelhafte Aussicht, die vom höchsten Punkt über den Golf von Salerno und den Golf von Neapel reicht. Bevor wir nach Sorrent hinab wandern, gönnen wir uns auf der schattigen Terrasse der Bar Orlando einen Cappucino. Die selbstgemachten Cantuccini und die freundliche Bedienung gibt es gratis dazu.
Die Route führt nun teils auf Naturpfaden, teils auf geteerten Straßen und mit Ausblicken auf den langgestreckten Vesuv geradewegs auf die Piazza Tasso, das quirlige Zentrum von Sorrent. Die Anziehungskraft dieser exquisiten Stadt auf winterdepressive Nord- und Mitteleuropäer verwundert nicht, denn hier kann man sich dem Dolce Vita voll und ganz hingeben. In den romantischen Gassen der Altstadt lässt sich herrlich zwischen Kitsch, Kunst und Mode stöbern, Parks und Grünanlagen bilden kleine, schattige Oasen. Unten, am Hafen Marina Piccola, ragt ein 50 Meter hohes Tuffsteinplateau empor, auf dem sich ganz Sorrent erstreckt. Direkt an der Steilkante thronen die Nobelhotels der Stadt, ein wahrhaft erhabener Anblick. Luxus, eine Handbreit vor dem Abgrund. Von der Marina Piccola starten die Ausflugsschiffe und Fähren auf die Sonneninsel Capri, einem weiteren Sehnsuchts-Klassiker.
Ausflugstipps:
Die klassischen Ausflugsziele Pompeji, Herculaneum und Neapel sind von Sorrent aus bequem mit der Regionalbahn Ferrovia Circumvesuviana zu erreichen. Der Zug startet an der Endstation nahe dem Zentrum, weitere Haltepunkte sind die Vororte Meta und Piano di Sorrento. Bis Neapel dauert die etwas holprige Fahrt ca. eine Stunde, schöne Ausblicke auf den Vesuv inklusive.
Einmal den Mythos Capri erleben: von Positano bringen Schnellboote Besucher in 40 Minuten auf die Felseninsel, von der Marina Piccola in Sorrent dauert es nur 20 Minuten. Dort angekommen, stürzt man sich entweder in das Getümmel rund um die Piazza Umberto (mit der Standseilbahn Funicolare vom Hafen Marina Grande in fünf Minuten zu erreichen) oder man erkundet den ruhigeren Westteil der Insel mit dem Hauptort Anacapri. Von hier fährt ein Sessellift auf den Gipfel des Monte Solaro. Das 360-Grad Panorama auf der Aussichtsplattform ist nicht zu toppen.
Übernachtungstipp für die Amalfiküste
Sorrent: Das Grand Hotel Due Golfi bietet in herrlicher Panorama-Hügellage einen traumhaften Ausblick auf den Vesuv. Besonders schöne Logenplätze sind der neue Infinitypool im großen Garten mit historischem Baumbestand und der Teil der Gästezimmer mit Blick bis zum Meer.
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