Die südeuropäischen Länder besinnen sich auf ihre Pilgerwege, Spaniens Jakobsweg ist ein touristisches Phänomen geworden, auch in Portugal wird der Weg nach Santiago, von Porto oder Lissabon aus, immer bekannter. Mit der Via Francigena – auch Frankenstraße genannt – steht Italien dem in nichts nach.
Die Frankenstraße ist der Pilgerweg des Erzbischofs Sigerich, der auf seiner Reise von Canterbury nach Rom im Jahre 990 ein illustriertes Reisetagebuch führte, das es erlaubte diesen über 1000 km langen Weg zu rekonstruieren. Ab dem grossen San Bernardo schliesst er die von England kommende Frankenstrasse an Rom an und erfreut sich bei den Einheimischen inzwischen seit vielen Jahren grosser Beliebtheit. Seine Etappen bieten eine fast schwindelerregende landschaftliche und kulturelle Vielfalt, längs des Stiefels von den schneebedeckten Gipfeln der Alpen durch die Ebenen Norditaliens und die Hügellandschaften Mittelitaliens.
Eine nationale Francigena-Gesellschaft mit Sitz in Piacenza sorgt mit detaillierten Informationen dafür, dass man eine Tour auf einem oder mehreren Abschnitten bestens im Voraus planen kann, und das nicht nur zu Fuss sondern auch mit dem Fahrrad. Wenn man es ernst mit dem Pilgern meint kann man dort Formulare für Credenziale und Testimonium, also Pilgerpass und das Ankunftszertifikat in Rom, online bestellen.
Die ca. 1.027 km sind in 45 Etappen eingeteilt, die die Regionen Aostatal, Piemont, Lombardei, Emilia Romagna und die Toskana durchlaufen. Die Frankenstrasse bedeutet aber hauptsächlich, die bewegte Geschichte Italiens auch vor und nach Sigerich hautnah zu erleben.
In den Alpen, von Kuhglockengeläut umgeben auf der in Stein gehauenen Gallierstraße bei Donnas und in den römischen Siedlungen von Aosta und Ivrea, um dann in das absolute Kontrastprogramm der stillen Reisfelder in die piemontesische und emilianische Ebene hinabzusteigen. Hier herrschen die geometrischen Linien der Wasserkanäle und ihrer Dämme vor, der Nebel aus denen die Kirchtürme und die grossen Höfe schemenhaft aufsteigen. Und nach Fidenza und Parma geht es wieder in die Berge, auf den Cisapass und von dort direkt zum Meer durch das Gebiet der Lunigiana, zu Zeiten des Sigerich ein wildes, entbehrungsreiches Stück Land dessen “moderne” Besiedelung dem Frankenweg zu verdanken ist. Olivenbäume und Weinreben beginnen, die Bergwälder aus Eichen und Buchen zu ersetzen und das Meer leuchtet heute wie vor tausend Jahren von weitem wie eine Verheissung.
Die Namen der bekanntesten Kunststädte der Toskana säumen ab jetzt den Frankenweg aber hier geht es nicht mehr um den Besuch berühmter Museen, Bauten und Kunstwerke sondern um die Pfade durch die Sümpfe von Fucecchio, die kleinen befestigten Orte auf den Hügelkuppen und den mittelalterlichen Kirchlein mitten in der Landschaft, wo der Pilger früher Unterkunft fand; Kirchen oft wie kleine Festungen – ausser Beten musste man sich auch verteidigen können. Heisse Thermalwasser im Süden hinter Siena bei Bagno Vignoni beruhigten die schmerzenden Füsse.
Und dann weicht die Bilderbuchtoskana ab Radicofani langsam dem etwas wilderen Latium, hier läuft man streckenweise auf dem römischen Strassenpflaster der Via Cassia, die auch die Pilger benutzten. Rom ist nicht mehr weit und man befindet sich inmitten ehemaligen etruskischen Hoheitsgebietes, woran Gräberanlagen und in Tuffstein gehauene Hohlwege erinnern. Nach dem Bolsena See und Viterbo macht sich die Metropole langsam bemerkbar und der Monte Mario ist ein letzter Aufstieg bevor das Ziel erreicht ist.
Mehr als zur Besinnung und inneren Ruhe finden ist die Frankenstrasse für Italiener ein Kennenlernen der eigenen Geschichte. Besucher aus dem Ausland bekennen sich mit dem Frankenweg zu einem neuen Italienverständnis, weg von den überfüllten Städten und dem Abhaken von aufgelisteten Sehenswürdigkeiten, hin zum wahren Wesen des Landes. Die Gelegenheit ein klassisches Kulturreiseland auf diese Art neu zu entdecken sollte man sich nicht entgehen lassen.
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