Mein Mann lag mir zwei Jahre lang in den Ohren: Er wolle sooo gerne mal auf einer Vespa durch Italien touren! Die Idee hörte sich ja schon cool an… ein bisschen wie Audrey Hepburn und Gregory Peck in “Ein Herz und eine Krone”. Italian Lifestyle pur!
Aber traue ich mich denn überhaupt noch, heutzutage Roller zu fahren? Sind die Italiener nicht für ihren Kamikaze-Fahrstil bekannt? Wohin mit dem ganzen Gepäck? Und was ist, wenn es regnet?
Trotz aller Bedenken – irgendwann hatte er mich. Nach Auswahl der Destination (Gardasee, Toskana oder Apulien) buchte ich das Vespatour-Paket und die Flüge. Mitte Mai sollte unsere 5-tägige Tour durch die Toskana losgehen….
Tag 1: Ankunft in der Toskana
Anreise in Pisa. Am Flughafen erwartet uns Matteo, unser Fahrer, und bringt uns in einem top modernen, klimatisierten Mercedes-Van nach Certaldo, rund 40 km südwestlich von Florenz gelegen, dem Ausgangsort unserer Standortrundreise der kommenden 3 Tage (Anmerkung: unter Standortrundreise versteht man verschiedene Tagesausflüge von einem festen Standort aus, also kein Wechsel der Unterkunft erforderlich). Alternativ kann man übrigens von San Gimignano aus starten. Möglicherweise ist das sogar die bessere Variante, da am zentralen Knotenpunkt für alle 4 Routenvorschläge (s.u.) gelegen…
Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel dauert mehr als eine Stunde. Für ein Abendessen ist es leider zu spät. Muss der kulinarische Tipp von Matteo (“Pizza isst man in Neapel, Spaghetti Bolognese in Bologna – aber hier, in der Toskana, isst man Pici!”) wohl leider warten… Nun denn, mit einem Glas Chianti stoßen wir auf die kommenden Tage an und gehen zeitig ins Bett. Morgen wird es aufregend!
Tag 2: Endlich geht’s los – und wie!
Nach dem Frühstück werden unsere Vespas geliefert (Hinweis: ein Pkw Führerschein ist ausreichend, man braucht keinen speziellen Motorradführerschein).
Ich bin ganz kribbelig, habe ich doch zuletzt vor ca. 30 Jahren auf einem Roller gesessen.
Zum Glück handelt es sich um Automatikroller, welche die Bedienung auch für ungeübte Fahrer/-innen wie mich wirklich einfach gestalten. Wir erhalten neben einer Karte mit vier unterschiedlichen Routenvorschlägen noch ein Roadbook sowie einen kleinen “Reiseführer”, der neben den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der einzelnen Stopps auch bekannte Produkte der jeweiligen Stadt/Region sowie einige Restauranttipps liefert.
Ein Navigationssystem kann übrigens zusätzlich angemietet werden (die Roller haben eine entsprechende Vorrichtung hierfür), sind m.M.n. jedoch unnötig, zumal die Routen überschaubar sind und die Ausschilderung sehr gut ist.
In dem Helmfach hinter dem Sitz findet sich ausreichend Platz für eine Jacke, Handtasche und anderen Schnickschnack – nach ein paar Übungsrunden auf dem Hof kann es also losgehen…
Unsere erste Tour (Etruscan Tour) beträgt in Summe ca. 80km und führt uns zunächst nach Volterra. Beim ersten Starenkasten (Speedlimit 50km/h) muss ich schmunzeln – ich bewege mich mit höchstens 35 Stundenkilometern tapfer durch die Landschaft….
Die Temperaturen sind angenehm, der Fahrtwind am Morgen noch etwas frisch. Zum Glück habe ich eine Jeansjacke dabei. Ab Mittag reichen T-Shirt und ein leichtes Tuch, welches ich mir ganz im Stile von Sophia Loren locker um den Hals geschlungen habe – und dessen hinteres Ende so schön dramatisch im Wind flattert!
Hin und wieder verirrt sich ein Brummer in meine Fahrbahn. An den Kontakt am Helm (Peng!), Oberkörper oder auch mal Wange gewöhnt man sich…
Nach einem Bummel durch die “Alabaster-Stadt” geht es weiter nach San Gimignano. Wir suchen uns ein schnuckeliges Restaurant, was nicht ganz so touristisch aussieht und bestellen – natürlich! – Pici (Anmerkung: Pici sind dicke Spaghetti, die von Hand gerollt werden). Da wir uns im Herzen der Toskana befinden, wird die Pasta hier vor allem mit Ragù serviert, vorzugsweise von Ente, Wildschwein oder Hase… ein eher deftigeres Gericht, aber nicht minder köstlich!!
Mit jedem Kilometer werde ich auf meiner Vespa sicherer. Die Landstraße lässt sich super fahren. Die Straßen sind in einem guten Zustand und der sonstige Verkehr hält sich in Grenzen. Die Vespa gehört seit jeher zum italienischen Straßenbild, ergo wird man von den Autofahrern wohlwollend toleriert.
Die Landschaft ist traumhaft und lädt natürlich zu diversen Fotostopps ein – mit dem Roller gestaltet sich spontanes Halten am Straßenrand völlig problemlos.
Am Nachmittag, irgendwo auf halber Strecke zurück nach Certaldo, kehren wir in einem der typischen Weingüter ein. “Vino Bianco. 100% Trebbiano. Alles Eigenanbau”, lässt uns der junge Kellner wissen und strahlt uns voller Stolz an.
Wir sitzen im Garten der Tenuta, frönen dem Müßiggang und lassen den Tag entspannt ausklingen… Erste Etappe mit Bravour gemeistert!
Tag 3: Freundliche Tankwarte und aufregender Stadtverkehr
Heute steht die Montagnola Tour auf dem Programm. In Summe etwas mehr als 100km. Bekanntestes Zwischenziel heute: Siena.
Vorbei an Klatschmohn, Lavendelfeldern, Olivenhainen, Weinbergen und dazwischen immer wieder die typischen Gehöfte, flankiert von uralten Zypressen… einfach wunderschön anzusehen. Schade, dass ich den Blick besser auf die Straße gerichtet lasse. Doch die vielen Gerüche nimmt man auch so wahr. Unglaublich! Das bleibt einem selbst im Cabrio verwehrt…
Uns kommen immer wieder Wandergruppen entgegen, Rennradfahrer, Vespa-Kollegen… man grüßt sich, hupt, winkt und freut sich gemeinsam des Lebens.
Erster Tankstopp. Auweia, wo war noch gleich der Deckel? Gott sei Dank weiß der freundliche Tankwart Bescheid und kümmert sich um alles. Das Sympathische an Ländern wie diesem – Krummbeträge werden einfach auf- oder abgerundet. Kein lästiger K(r)ampf mit den Cents, sondern Fünfe einfach mal gerade sein lassen…
Zwischendurch kehren wir in urigen Dörfern auf einen ‘caffè’ ein. Ich bin normalerweise kein besonders großer Kaffee-Trinker, aber wie hier, in Italien, selbst in dem einfachsten Straßencafé der Cappuccino serviert wird, grenzt für mich an wahre Kaffeekunst. Alleine der zartcremige Milchschaum macht das Getränk zu einem eigenen Erlebnis. Delizioso!
Kurzer Blick auf die Landkarte (“uuiii… wir sind da vorhin wohl irgendwo falsch abgebogen!”) und weiter geht’s…
Mittags erreichen wir Siena. Hier wird das Fahrklima deutlich rauher. Das Gesetz des Stärkeren zählt, also Ellenbogen raus und bloß nicht abdrängen lassen… wir parken in der Nähe des Stadions (Anmerkung: unbedingt auf die ausgewiesenen Roller-/Motorradparkplätze achten. Es wird streng kontrolliert!).
Nach einem köstlichen Lunch in einer Osteria in der Nähe des Piazza del Campo (im Tempura-Mantel frittierte Zucchiniblüten, gefüllt mit Ricotta, danach Tortelli mit Wildschweinfüllung, dazu ein Glas Rosato… hhmmmmm!!) laufen wir noch ein wenig durch die Gassen dieser faszinierenden mittelalterlichen Stadt. Neben den bekannten Sehenswürdigkeiten locken natürlich vor allem diverse Modegeschäfte mit Rang und Namen.
Am Nachmittag machen wir uns gemütlich auf den Rückweg zu unserem Hotel. Ein weiterer erlebnisreicher Tag geht zu Ende…
Tag 4: Genusstour durch die toskanische Landschaft
Unsere heutige und letzte Tagestour führt uns einmal quer durch das Chianti-Gebiet. Auf über 100km fahren wir durch die typisch sanft geschwungenen Hügel der Toskana, durchstreifen Weinfelder und Wälder, überqueren idyllische Wasserläufe.
Meine ich das nur, oder nimmt man die Umgebung tatsächlich viel intensiver wahr, wenn man ohne Navigationsgerät fährt?
Natürlich ist man auf so einer Tour, alleine auf dem Roller sitzend, dann doch hauptsächlich für sich. Mein Mann findet’s auf jeden Fall super. “Ist wie beim Tauchen. Keiner, der pausenlos brabbelt…!” 🙂
Mittags kehren wir in einer kleinen Trattoria irgendwo im nirgendwo ein. Klassischer Familienbetrieb. Mama kocht, er serviert. Obwohl keiner der beiden auch nur ein einziges Wort Englisch spricht, verständigen wir uns auch so völlig problemlos. Die Gerichte sind einfach, aber mit voller Hingabe bereitet. Das ‘Contrafiletto agli aromi’ sei ein scharf angebratenes Filetsteak, welches anschließend mit Salbei, Rosmarin und grobem Pfeffer gewürzt serviert wird, erklärt uns der Hausherr begeistert. Dazu (wie könnte es anders sein?) ein Glas Chianti. Authentische Erlebnisgastronomie. Alles richtig gemacht!
Am späten Nachmittag sind wir zurück in Certaldo. Nach insgesamt 300km und 1,5 Tankfüllungen (bei 2 Vespas in Summe für Euro 30) fühlen wir uns dann doch etwas durchgerüttelt. Allora. Jetzt erst einmal ein kühles Bierchen!
Am Abend führt uns TripAdvisor in ein kleines Lokal in der Nähe unseres Hotels, welches für seine Gerichte mit Meeresfrüchten hoch gelobt wird. Uns erwartet eine “One Man Show”. Der Chef bedient und kocht gleichzeitig. Etwas chaotisch, aber qualitativ einwandfrei kredenzt er uns ‘Coccoli stracchino e prosciutto crudo’ und ‘Spaghetti alle vongole’. Bevor er uns gehen lässt, müssen wir unbedingt noch seinen selbstgemachten Limoncino probieren. Geht natürlich auf’s Haus. Italienische Gastfreundschaft. Perfetto!
Wir sind vollends happy, leider geht’s morgen schon wieder zurück in die Heimat.
Fazit unserer Vespatour durch die Toskana
Kurz und knapp: ein außergewöhnliches Reiseerlebnis, von dem ich mit Sicherheit noch Jahre später erzählen werde… empfehlenswert all jenen, die ein bisschen abenteuerlustig sind und denen Straßenstaub nichts ausmacht. Vespas sind auch heute noch absolute Sympathieträger und dieses Feedback verspürt man auch rund um die Reise.
Einen einzigen Wermutstropfen hat diese Reiseform allerdings dann doch: Nach einem ganzen Tag unter dem Helm ist die Frisur definitiv im Eimer! 😉
Reiseprogramm “La Bella Italia mit Vespa (oder Cinquecento)” bei OLIMAR
Bei der Auswahl von Fahrzeug (Vespa oder Fiat500), Region (Toskana, Gardasee, Umbrien, Apulien) und Dauer (3-7 Tage, Vespaverleih bereits ab 1 Tag) haben Sie die Wahl. Allen Paketen gemeinsam ist ein Transfer ab/bis Flughafen, vorgebuchte Hotels, ein ausführliches Road Book mit Tourenvorschlägen und Sightseeing- sowie Gourmet-Tipps und ein umfangreicher Versicherungsschutz. Preis pro Person im DZ bereits ab 376 €. Viele weitere Informationen und Angebotsdetails gibt es hier.
1 Kommentare