Seit einem Jahr beobachtet Pascal Zahn täglich die Corona-Lage in Portugal. Ein Gespräch über sinkende Inzidenzen, baldige Impfungen und einen wiederkehrenden Sommerurlaub am Strand.
[Edit: Die aktuellen Zahlen sind aktualisiert und beziehen sich auf den 05.03.21]
Hinweis: dieser Artikel ist letztmalig am 05. März aktualisiert worden – einen neuen Bericht haben wir am 19. März verfasst, diesen finden Sie hier
Pascal, wie ist der heutige Stand in Portugal, was Corona betrifft?
Das wird man kaum für möglich halten, aber es ist ziemlich entspannt. Das bitte nicht falsch verstehen, aber die Sieben-Tages-Inzidenz liegt in Portugal heute bei 69 – und somit fast auf dem Niveau von Deutschland. Schon morgen, am 03. März, sollten die Zahlen besser sein als bei uns.
[Edit 05.03.: Portugal hat eine 7-Tages-Inzidenz von 56,0, Deutschland von 65,4]
Aber – und das darf nicht vergessen werden: Portugal kommt von ganz anderen Zahlen. Die „leichten“ Infektionen hören statistisch nach zehn bis 14 Tagen auf, aber Patienten, die ins Krankenhaus kommen, bleiben dort im Mittel zwischen drei und fünf Wochen, die Intensivpatienten noch länger, hier kann also noch von keiner Entspannung die Rede sein. Blicken wir aber mal ein bis zwei Wochen in die Zukunft, so müsste das rein statistisch gesehen auch dort wieder „normal“ werden.
Hinweis: Veröffentlichte Zahlen in der Grafik von der Johns-Hopkins-University; die Basis der Inzidenzzahlen im Interview sind die gemeldeten Zahlen des Robert Koch-Instituts.
Portugal wurde Ende Januar in den Medien als „Land mit der höchsten Inzidenz weltweit“ bezeichnet. Wie kam es dazu?
Man weiß inzwischen, dass die Weihnachtszeit für diese weltweit höchste Inzidenz, die am 29. Januar bei 884 lag, der Auslöser war. Für die katholischen Portugiesen hat Weihnachten einen viel höheren Stellenwert als hier, in Kombination mit der „Familie“ – Portugiesen lieben das Familienleben – war es im Nachhinein gesehen fatal, dass viel erlaubt war.
Hinzu kam die britische Variante – Portugal ist sehr eng mit England verbunden. Man sah in den täglichen Statistiken, wie die Landkreise mit hohem englischem Einfluss zuerst hochschnellten. So wurde Portugal vom deutschen RKI am 24. Januar als „Hochrisikogebiet“ eingestuft. Am 27. Januar als „Virusvarianten-Gebiet“.
Welche Arten von Gebieten gibt es denn laut RKI?
Derzeit gibt es vier Einteilungen:
- „Kein Risikogebiet“ bedeutet der Sieben-Tages-Inzidenzwert liegt unter 50 (das ist heute in einer Region in Dänemark sowie in zwei Regionen in Griechenland der Fall – und zwar von allen Ländern weltweit!)
- „Risikogebiet“ bedeutet, die Sieben-Tages-Inzidenz liegt zwischen 50 und 200 (also wie derzeit Deutschland, aber auch die meisten anderen Länder)
- „Hochrisikogebiet“ bedeutet, die Sieben-Tages-Inzidenz ist größer 200, wie z. B. in Ägypten, den USA oder Mexiko.
- Und es gibt die „Virusvarianten-Gebiete“ – das sind Länder, in denen die neuen Virusvarianten (wie die britische, die südafrikanische oder die brasilianische) häufig auftreten, laut RKI heißt es weiter: „welche nicht zugleich im Inland verbreitet auftritt“, wenngleich seit 28.02. auf der Webseite des Robert Koch-Instituts auch von „Gebieten mit besonders hohem Infektionsrisiko durch verbreitetes Auftreten bestimmter SARS-CoV-2 Virusvarianten“ gesprochen wird.
Und wie sieht es jetzt ganz genau in Portugal aus?
Derzeit gilt Portugal noch als „Virusvarianten-Gebiet“, da dort die englische Variante einen Anteil von ca. 50 Prozent aller Neuinfektionen ausmacht. Diese Zahlen sind aber am 22. Februar veröffentlicht worden mit Stand 17. Februar. Schauen wir auf die Vorwochenzahlen, nimmt der Anteil leicht ab. Wenn wir hier wieder statistisch in die Zukunft schauen, sollten auch die 50 Prozent abnehmen. Leider werden diese Zahlen (wie übrigens hier in Deutschland) noch nicht sauber kommuniziert. Bekannt ist auch, dass es sieben Fälle der brasilianischen und vier Fälle der südafrikanischen Variante gibt – was, zum Glück, alles im Rahmen ist.
[Edit 05.03.: Gesamtzahlen aus Februar wurden inzwischen veröffentlicht, siehe Relatório_diversidade_genética (insa.pt) – hier wird von “im Februar 58,2% Anteil der britischen Variante” berichtet]
Schauen wir nochmal auf die heutige Sieben-Tages-Inzidenz. Diese liegt bei 69 [Edit 05.03.: 56], Tendenz abnehmend. Dies bedeutet eigentlich, dass Portugal zeitnah also sowohl von der Virusvarianten-Liste (da die britische Variante ja nun leider auch schon in Deutschland „aktiv“ ist – man spricht hier ja von ca 30% Anteil, Tendenz steigend) als auch von der Hochrisikogebiets-Liste gestrichen werden muss. Portugal müsste also zeitnah zum „normalen Risikogebiet“ erklärt. Das hat natürlich Auswirkungen und Folgen auf die Einreisebestimmungen nach Deutschland – in dem Fall für den Portugalurlaub in 2021 natürlich positive Folgen. Wir sehen an der Statistik von Our World in Data (hier), dass der Abwärtstrend jedenfalls weiterhin anhält. Hier ist zu beachten, dass hier nicht die “offiziell” gemeldeten Zahlen aufgelistet sind, sondern die “geschätzten” – diese sind immer höher als die für das RKI wichtigen “offiziellen” Zahlen.
Gibt es regionale Unterschiede in Portugal?
Oh ja, vor allem der Norden mit dem Hinterland, aber auch Lissabon und Umgebung waren besonders stark betroffen – und sind es teils noch. Die Region Alentejo war immer wenig betroffen, die Lage an der Algarve, ich sprach schon vom britischen Einfluss, war teils auch angespannt.
Schauen wir auf die Inselregionen Madeira und die Azoren – hier gibt es sehr deutliche Unterschiede. Die Azoren haben so weit ich weiß schon seit vielen Wochen eine 7-Tages-Inzidenz von unter 35. Aktuell liegt sie bei circa 27 – dennoch werden die Azoren als Virusmutationsgebiet ausgezeichnet. Das konnte man ja verstehen, als solche Gebiete anfangs immer für ein gesamtes Land ausgezeichnet wurden, aber mit dem Bundesland Tirol in Österreich oder -neu- mit dem Département Moselle in Frankreich, verstehe ich die Einteilung auf den Azoren als solche nicht mehr. Sorry.
Bedeutet das, dass man Ostern wieder problemlos nach Portugal reisen kann?
Auch wenn ich mit Reisen nach Portugal Geld verdiene: Hier bin ich vorsichtig. Schauen wir nochmal an das letzte „Fest“ zurück – Weihnachten. Eine neue Welle will in Portugal sicherlich keiner. Insofern werden die Shutdown-Maßnahmen (wenngleich leicht gelockert) dort wohl über die Osterfeiertage verlängert – aktuell gilt der Shutdown bis zunächst 16. März.
Noch steht die Erholung der Krankenhaussituation an. Dann Lockerungen des Shutdowns wie Schul- und Kita-Öffnungen.
Wir sehen vielleicht derzeit die Ziellinie, sind aber noch lange nicht da. Ich gehe davon aus, dass wir ab Mai/Juni problemlos nach Portugal reisen können.
Und der Sommerurlaub?
Nun, ich bin weder Virologe, noch habe ich eine Kristallkugel, aber: So langsam wird in Deutschland geimpft. Noch mangelt es an Impfstoffen, bald wohl an Impfpersonal bzw. der Struktur dafür. In den nächsten Tagen werden endlich Schnelltests verfügbar, die man selbst vornehmen kann, zum Beispiel in Form von Gurgel- oder Spucktests.
Auch hierzulande haben wir noch einen Lockdown. Dennoch bin ich sehr zuversichtlich, dass wir im Sommer Reisen können, ob geimpft oder nicht. Schon im letzten Sommer haben wir dies gesehen und es wurde auch kürzlich vom RKI bestätigt: Das Reisen, wie wir es kennen, ist kein Infektionstreiber. Ich selbst war letzten Sommer mit meiner Familie in Portugal. Sowohl das Fliegen als auch vor Ort mit FFP2-Masken, den nötigen Abstand, mit Einhalten der Hygiene-Maßnahmen. Wir haben uns nirgends sicherer gefühlt. Natürlich war es komisch, mit Mundschutz an der Strandbude zum Tisch zu gehen, aber auch das ist doch vertretbar, solange wir noch mit diesem Virus zu tun haben.
Ich sehne mich schon jetzt sehr nach unserem diesjährigen Sommerurlaub an der Algarve. Diesen habe ich erst diese Woche gebucht. Und dank neuer Testmöglichkeiten sehe ich diesen in 2021 nochmal sicherer als schon im Vorjahr.
Muss man denn geimpft sein, um zu reisen?
Nein. Sicherlich nicht für den Sommer 2021. Es gibt zwar eine erste Hotelkette, die ab Winter 2021/22 nur noch Geimpfte zulassen will (diese haben wir nicht in unserem Portfolio), aber vorher sehe ich das auch überhaupt nicht. Es gibt „Erleichterungen“ für Geimpfte – so kann man nach Madeira und Nachweis einer Schutzimpfung schon ohne deren PCR-Tests einreisen, das ist ja auch okay so. Aber hier muss uns allen doch erstmal die Chance gegeben werden, geimpft zu sein. Die Diskussion halte ich noch für zu verfrüht.
Reisen muss sicher bleiben, auch in Bezug auf das Virus. Dafür gibt es an allen Stellen der Reise entsprechende Maßnahmen, die sich bewährt haben und weiter bewähren. Die für uns Touristiker wichtigste Maßnahme ist das Testen. Denn was wir uns in unserer seit einem Jahr sehr gebeutelten Branche nicht gebrauchen könnnen, sind das negative Nachrichten, insofern setzen wir auf Tests, fast wo es nur geht – natürlich auch um die teilweise heute vorhandenen Quarantäne-Maßnahmen (nur weil man aus dem Ausland kommt) abzuschaffen. Dafür hat der Deutsche Reiseverband Strategien für einen Restart vorgelegt.
Weitere Tipps
Aktuelle Informationen zur Situation in unseren Reiseländern finden Sie auf unserer Webseite unter olimar.com/aktuelles
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