Kann man in Portugal wieder Urlaub machen und wenn ja, was erwartet mich vor Ort?
Normalerweise fällt es mir leicht, einen passenden Einstieg in einen Artikel zu finden. Dieses Mal war das mein größter Knackpunkt. Lesen über das Reisen in der tristen Zeit des Lockdowns während der ersten, zweiten und auch dritten Welle konnte man viel. Was also berichten, worüber nicht schon bereits x-fach geschrieben wurde?
Aktuelle Öffnungen ermöglichen Urlaubsfeeling
Als ich vor nicht einmal drei Wochen las, dass sich Portugal mit der schrittweisen Öffnung nach dem rigorosen Lockdown (seit Dezember!) auf den Beginn der Touristen-Saison vorbereitet und somit vor Ort auch wieder „richtiges“ Urlaubsfeeling möglich sein würde, habe ich mich spontan für einen Kurztrip entschieden. Aufgrund der fragilen Situation buchte ich zwei Flüge nach Lissabon. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Lufthansa-Linienflug aufgrund geringer Auslastung abgesagt werden würde, schätzte ich im Vergleich zu Faro (die Algarve galt zu dem Zeitpunkt laut RKI erneut als Risikogebiet) bei nahezu Null ein.
Hinweis: die Einstufung wurde am 09.05. aufgehoben.
Für den Flugantritt sind aktuell ein negativer PCR-Test erforderlich, den man 72 Stunden vor Abflug durchführen kann sowie die Registrierung über die Passenger Locator Card des portugiesischen Gesundheitsamtes. Das war’s auch schon. Detaillierte Informationen zum Fliegen und zur Einreise nach Portugal finden Sie hier.
Offiziell möchte Portugal aufgrund der bei uns nach wie vor hohen Inzidenzzahlen bis Mitte Mai von deutschen Touristen absehen, tatsächlich ist die Einreise, auch für touristische Zwecke, aber nicht verboten!
Ist Reisen eine Gewissensfrage?
Ob man grundsätzlich aktuell reisen möchte, muss letztendlich – wie bei allen Dingen des Lebens – jeder für sich selbst entscheiden. Die vielen Diskussion rund um Mallorca und die Osterfeiertage als mögliches „Superspreader Event“ haben sich im Nachhinein als unnötig erwiesen. Reisen ins Ausland sind mit Bedacht durchaus möglich.
Für manch einen ist es eine Gewissensfrage, „sein Geld im Ausland zu lassen“, während das innerdeutsche Hotel- und Gastronomiegewerbe nach wie vor stark unter der Pandemie leidet. Ich persönlich denke, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Man bedenke, dass die meisten Urlaubsländer seitens ihrer Regierung weit weniger oder auch gar nicht finanziell unterstützt wurden als das hierzulande der Fall ist. Für die meisten von uns vollkommen unvorstellbar, aber manche Existenz dort ist derart bedroht, dass es tatsächlich ums nackte Überleben geht.
Im Rahmen der Pandemiebekämpfung wurden alleine in den EU-Ländern ganz unterschiedliche Strategien verfolgt – die einen öffnen frühzeitig und probieren ausgeklügelte Konzepte aus, andere üben sich im Dauer-Lockdown. Die daraus resultierenden Erfolge oder auch Misserfolge hat und wird man weiterhin natürlich erst im Nachhinein bewerten können. Doch Länder, die extrem vom Tourismus abhängig sind quasi abzustrafen, indem man das Reisen dorthin verteufelt oder schlicht untersagt, finde ich persönlich weder fair noch richtig. Also sind wir gereist.
Willkommen in Portugal
Bei Ankunft in Lissabon wird noch einmal kontrolliert, ob Testart und Ergebnis den aktuellen Einreiseanforderungen entsprechen. Ist auch aus portugiesischer Sicht alles in Ordnung, ist der Weg frei zum Gepäckband. Wie auch schon im vergangenen Jahr, wird beim Verlassen des zollfreien Bereiches die Temperatur gemessen. Springt der Sensor nicht an, heißt es Bem-Vindo em Portugal!
Anders als bei uns sind in Portugal die Geschäfte, Restaurants, Bistros, Kneipen wieder geöffnet (in den meisten Concelhos aktuell bis 22.30h). So auch am Flughafen, was dem Ganzen beinahe ein Gefühl der uns bekannten und lange vermissten Normalität verleiht. Es ist deutlich ruhiger, dennoch ist das Flughafen-Gewusel auch auf kleinem Niveau erkennbar. Schön!
Ein positiver Nebeneffekt des geringen Reiseaufkommens ist, dass man sehr schnell mit allen Formalitäten durch ist, so auch mit der Mietwagenanmietung. Und so war innerhalb von nur 20 Minuten der Koffer vom Band, der Vertrag unterschrieben, der Wagen gecheckt und wir quasi mit einem Reifen auf der Ponte de Vasco da Gama Richtung Süden an die Algarve. Die Temperaturanzeige signalisiert 26 Grad, die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel. Happiness pur…! 🙂
Die Autobahn ist frei, was auch schon vor der Pandemie normal war, so dass wir ganz gemütlich innerhalb knapp zweieinhalb Stunden unser Ziel erreicht haben.
Die Algarve bereitet sich auf den Sommer vor
Carvoeiro, ein ehemaliges verschlafenes Fischerörtchen, das in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt aufgrund des Tourismus natürlich stark angewachsen ist. Verschlafen ist es jetzt wieder oder besser: noch. Man spürt deutlich, dass die englischen Gäste nach wie vor nicht reisen dürfen und so ist es insgesamt für Anfang Mai sehr ruhig. Natürlich sieht man nach über einem Jahr Pandemie die Spuren, die Corona bereits jetzt hinterlassen hat. Es tun sich diverse Leerstände auf, wo früher kleine Läden, Restaurants, Kneipen o.ä. ihre Ware angeboten und Gäste angelockt haben. Ebenso verschwunden sind bis auf weiteres die Straßenhändler, an deren Verkaufsständen man Souvenirs jeglicher Art und Korkwaren kaufen konnte. Doch auch wenn alldem eine gewisse Wehmut mitmischt, so ist auch durchaus Positives zu verzeichnen. Es wird viel gehämmert, gemauert, verputzt, gestrichen. Die Portugiesen nutzen die Zeit, sich auf den Sommer vorzubereiten und sich ihren Gästen in Kürze wieder im besten Gewand zu präsentieren.
Nach langen Monaten der Entbehrung freuen sie sich über die wenigen Touristen, die schon heute wieder Fuß in ihre kleine Welt setzen. So wird man überall mit offenen Armen empfangen.
Auf der Straße ist keine Maske verpflichtend zu tragen, doch die meisten Portugiesen halten sich nach wie vor daran. Beim Betreten der Restaurants oder sonstigen Einrichtungen ist diese natürlich obligatorisch, wie auch bei uns zu Hause. Davon abgesehen kann man sich völlig normal bewegen. Hier ist kein Tagestest erforderlich.
Die Strände sind leer und mitunter gibt es (noch) keinen Bademeisterservice, womit auch die Strandliegen und fest montierten Sonnenschirme wegfallen. Ich persönlich liege ohnehin viel lieber direkt im warmen Sand, von daher verspüre ich keinerlei Einbußen. Reservierungen in den Restaurants sind, zumindest an der Algarve, aktuell unnötig.
Neben vereinzelt deutschsprachigen Gästen, hört man vor allem Holländer und Franzosen, was mich tatsächlich verwundert, sind die Inzidenzen in diesen beiden Ländern weit höher als in Deutschland (so viel zum Thema Reiseverbot!).
Die Portugiesen sind vorsichtig
Die Portugiesen sind sehr vorsichtig und achten – egal wo – noch viel genauer als bei uns auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen. Überall stehen Desinfektionsspender und man wird vom Personal bei Eintritt (egal ob Geschäft, Restaurant oder Hotel) aufgefordert, sich die Hände zu desinfizieren. Die Hotels haben nach wie vor eine geringe Auslastung, so dass sich prinzipiell schon mal nichts knubbeln kann.
Wir bleiben einige Tage im Tivoli Carvoeiro. Das Hotel besticht alleine durch seine spektakuläre Lage auf den Klippen oberhalb des Praia de Vale Covo. Die Tische stehen beim Frühstück mindestens 2 Meter voneinander entfernt, so dass man – obendrein an der frischen Luft – ganz sicher keiner Aerosol-Gefahr ausgesetzt ist. Um die Maske während des Essens auf dem Tisch ablegen zu können, werden den Gästen Papierbeutel gereicht. Hier wurde wirklich an alles gedacht! An jedem Büffetstand gibt es Personal, das einem die gewünschten Speisen auf einem Teller serviert, so dass es auch hier zu keinerlei Kontakten kommt. Die Tische und Stühle werden jedes Mal nach Verlassen der Gäste gereinigt und desinfiziert (im Übrigen erhalten auch die Mietwagen ein Clean&Safe-Siegel der portugiesischen Tourismusbehörde). Ich möchte behaupten, dass die Wahrscheinlichkeit, sich hier anzustecken, mit Sicherheit weitaus geringer ist als im alltäglichen Trubel unserer Supermärkte.
Übrigens: Das Tivoli Carvoeiro hat eine Kooperation mit einer Privatklinik in Loulé. Auf Wunsch kommen die Ärzte zum erforderlichen Corona-Schnelltest für den Rückflug ins Hotel, um den Test vor Ort durchzuführen. Die Kosten für den Service liegen bei ca. 80€ pro Person.
Frühlingsgefühle im Alentejo
Unsere Fahrt zurück nach Lissabon geht durch den Alentejo. Der Mai ist für mich generell einer der schönsten Monate um zu reisen, nicht nur in Portugal. Die Landschaft ist unsagbar grün. Selbst in sonst kargen, verdorrten Ebenen sprießen vereinzelte Farbtupfer. Und wo man auch hinguckt: Störche, die ihre Nester hüten und sich um den Nachwuchs kümmern. Ja, auch die Natur erwacht wieder zum Leben…
Bevor wir in die Stadt fahren, unternehmen wir einen kurzen Abstecher nach Comporta, einer aufstrebenden Region im nördlichen Alentejo. Durch unendlich erscheinende Pinienwälder Richtung Meer und vorbei an großflächigen Reisfeldern, erreichen wir den Praia de Carvalhal. Ein Teilabschnitt des insgesamt 60 Kilometer langen weißen Feinsandstrandes, der sich von der Halbinsel Troía bis nach Sines erstreckt. Auch hier geht es gemäßigt zu, doch die Strandrestaurants haben seit wenigen Tagen wieder geöffnet. Wir kehren ein im Restaurante „O Dinis“, einem klassischen Strandlokal mit authentischer portugiesischer Küche. Gleich nebenan hat auch der etwas exklusivere Sublime Beach Club seine Pforten geöffnet, der mich ein wenig an die Sansibar auf Sylt erinnert. Ohne Zweifel ebenfalls eine Top-Location, am liebsten jedoch am Abend mit Sundowner-Drink in der Hand und den Füßen im Sand…
Am Nachmittag nehmen wir die Fähre von Troía nach Setúbal (Kosten für die Überfahrt mit einem Wagen, Fahrer und zusätzlicher Person 23,10€). Die Überfahrt dauert 30 Minuten. Von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung in die Hauptstadt.
Hinweis: Nicht vergessen, das Ticket vorab am Automaten bzw. am Kassenhäuschen zu kaufen, auf der Fähre selber kann man nichts mehr lösen!
Lissabon und viel Saudade
Lissabon, die weiße Stadt am Tejo bildet einen wundervollen Abschluss unseres Kurztrips. Die Stadt präsentiert sich im Sonnenlicht strahlend weiß und im Vergleich zu den vergangen Jahren des Overtourism angenehm ruhig. Nirgendwo Menschenmassen, keinerlei Anstehen und es sind hauptsachlich Locals, die unterwegs sind und ihre Stadt für sich (zurück)erobern. Wir schlendern durch die Gassen der Baixa bis hin zum Praça do Comércio, der sich weitläufig überblicken lässt. Von dort aus hoch durchs Chiado Viertel und Bairro Alto, dann wieder runter zum Fluss… Das bunte Treiben auf den Straßen bringt richtig gute Laune und erscheint uns, die nur noch ausgestorbene Innenstädte gewohnt sind, irgendwie surreal.
Auch wenn beliebte Touristenmagnete wie bspw. der Mercado da Ribeira (Timeout Market) nach wie vor geschlossen sind, sind die Restaurants allgemein durchaus gut besucht. Zumindest an den Wochenenden empfiehlt sich daher eine Reservierung. Wir nehmen die Wartezeit auf einen begehrten Tisch gerne in Kauf…
Für unseren Rückflug nach Deutschland benötigen wir einen negativen Corona Schnelltest (max. 48h alt). Dieser kann in verschiedenen Apotheken der Stadt durchgeführt werden (Kosten 45€ p.P.).
Hinweis: Nicht alle Apotheken führen den Test auch am Wochenende durch, daher bestenfalls nicht erst in letzter Minute loslaufen!
Wir krönen unsere Reise mit einem letzten Drink auf der Rooftop Bar des zentral gelegenen Hotel Mundial und genießen von der 9. Etage aus die wundervolle Aussicht über die Dächer der Stadt bis hin zum Tejo. Von weitem erkennt man die illuminierte Jesus Statue, die ihre Arme scheinbar beschützend über die Stadt hält. Ich drücke den Portugiesen und uns allen die Daumen, dass wir Corona endlich überstanden haben und Reisen wieder ein selbstverständlicher Teil unseres Lebens wird!
Kulinarische Tipps: