Wer westlich von Ávila die Orte Gredos, Ciudad Rodrigo und Tordesillas besucht, taucht mitten hinein in das ursprüngliche Kastilien. Mit einer sagenhaften Geschichte und traumhafter Natur.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, als ich Alejandro Nedstrom im Parador von Gredos treffe. Er sitzt mit mir und anderen Journalisten im Restaurant des einstigen Jagdschlosses und empfiehlt wahlweise Cochinillo de Ávila (Spanferkel), Chipirones (Baby-Kalamares) und dazu besten Rotwein der Region. Das Meeting hier fernab von Madrid hat einen Grund. Nedstrom organisiert aktuell die fast 100 Hotels und 10.000 Betten der staatlichen Parador-Kette. Und dort, wo wir den sympathischen Mann mit skandinavischen Wurzeln treffen, entstand vor genau 90 Jahren der erste Parador seiner Art.
Die Sierra de Gredos kennen wenige Deutsche. Dort stolzieren Steinböcke durch die Ginsterbüsche. Und das hat schon König Alfonso XIII fasziniert, der gerne die Tagestour mit seinem Hispano Suiza in Kauf nahm, um in der frischen Bergluft zu jagen. 1929 weihte seine Majestät den Parador ein. Und der sollte noch Geschichte schreiben. 1935 trafen sich hier die Gegner der Zweiten Republik zu konspirativen Treffen. 1978 wiederum unterzeichneten Politiker in diesem Haus die Spanische Verfassung nach der langen Francozeit. Entsprechende Fotos hängen noch an den Wänden. Und heute? Wir gehen mit Nedstrom später noch aufs Dach und genießen den tollen Blick auf die Sterne. Wer hier herkommt, sucht Ruhe. Und sieht am helllichten Tag Weidetiere, Schwarzstörche und Wanderfalken.
Zwei weitere Paradores ganz in der Nähe empfiehlt uns Nedstrom. Und das zu Recht. Nächste Station ist der Parador Ciudad Rodrigo. Wir nächtigen in der mittelalterlichen Burg. Filmreif. Tatsächlich entstanden hier einige Ritterfilme, doch besonders berühmt wurde eine Komödie über fußballspielende Mönche: Que baje Díos y lo vea (Möge Gott kommen und sich das ansehen). Zu sehen gibt es einiges, darunter den Ehrenturm der Burganlage, eine Jugendstilapotheke und so manche coole Bar. Einen Café con Leche gibt es entsprechend im Arcos-Café, wo früher Strafgefangene untergebracht waren.
Und auch der dritte Tipp von Nedstrom hat es in sich, auch hier haben sich – ähnlich wie im Gredos-Parador – weichenstellende Dinge ereignet. Der Parador de Tordesillas mit seinem riesigen Pool ist vergleichsweise modern, doch die Maueranlagen lassen schon ahnen, was hier einst los war. Hier ließ der Papst nach der Entdeckung Amerikas Lateinamerika aufteilen. Das meiste bekamen die Spanier, an Portugal ging Brasilien. Hier war jahrzehntelang Johanna die Wahnsinnige eingesperrt, die formal erste legitime Königin des Landes. Und hierhin strömten noch vor wenigen Jahren aufgebrachte Tierschützer und Kollegen von mir, um den Stierlauf von Tordesillas zu begleiten. Die FAZ schrieb damals wörtlich: „Der peinliche Stier der Sozialisten“. Das Töten des Torros ist inzwischen verboten. Und wie symbolisch steht ein Stoppschild vor dem gusseisernen Stier am Ortseingang.
Tordesillas liegt direkt am Duero. Und dort entstehen die besten Weine. Nicht nur Gran Reservas, sondern auch immer beliebtere Rueda-Weißweine, etwa von den Top-Bodegas Marqués de Riscal und Protos.
Zum Abschluss hatte uns Nedstrom übrigens noch etwas verraten damals im Parador von Gredos beim Blick in den nächtlichen, glasklaren Sternenhimmel: „Wenn ihr gleich in eure Zimmer geht, habt ihr darin Klo und warmes Wasser. Spanienweit gab es das vor 90 Jahren erstmals hier.“
Informationen und Angebote zu den Paradores
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