Du liebst es, Länder authentisch zu bereisen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen? Dann empfiehlt dir OLIMAR Italien-Expertin Viorica unbedingt einmal einen Osterurlaub in Apulien, dem Stiefelabsatz Italiens, zu verbringen. Hier kann du abseits der großen Städte und Touristenmagnete live dabei zusehen, wie jahrhundertealte Traditionen noch heute in hübschen Dörfern gelebt und gepflegt werden!
Der winzige Ort Ginosa befindet sich in der Provinz von Taranto und gleich an der Grenze zur Basilicata. Auf 240 Metern über dem Meer gelegen, ist er nur wenigen Eingeweihten aufgrund seiner „gravine” bekannt, den canyonartigen, waldbedeckten Einschnitten im Erdboden, die bis zu 200 Meter tief sein können. In diesem wilden Teil Apuliens, der sich bisher allen Einflüssen des modernen Lebens entziehen konnte, findet am Freitag und Samstag vor Ostern eine der beeindruckendsten Osterprozessionen Süditaliens statt.
Gänsehaut pur
Im nur von Fackeln erleuchteten Stadtkern, mit einheimischen Darstellern in traditionellen Kostümen, Erzählern und Musikanten, unter Gesängen der schwarzgekleideten „pie donne”, den „frommen Frauen”, und mit den Würdenträgern des Ortes wird die Passionsgeschichte so lebendig, dass man Gänsehaut bekommen kann.
Verirrte Madonnenstatue
Auch der Ort Conversano, eher bekannt durch die Aragoner Burg und die elegante Kathedrale, pflegt seine Ostertraditionen: Im ersten Morgengrauen des Karfreitags wird unter Gesängen der „Cristo nero” durch die Straßen getragen. Gleichzeitig „irrt” eine Madonnenstatue im Ort herum, um das verzweifelte Suchen der Mutter nach dem Sohn besonders eindrücklich darzustellen.
Ostern in Apulien: Tradition pur
Anstrengend und vereinnahmend sind diese Ostertraditionen, schon Wochen vorher werden die Statuen vorbereitet und geschmückt, Blumenkissen und -teppiche hergestellt, Gesänge geübt. Der ganze Ort macht mit, die Kleinen wie die Großen, alle haben eine Aufgabe. Was für Außenstehende vielleicht übertrieben und manchmal sogar bizarr erscheinen kann, ist bei den Einheimischen eine lang gewachsene Tradition der Verehrung und muss auch als solche verstanden werden. Denn sie ist noch eine der seltenen Gelegenheiten, bei der die traditionelle Gemeinschaft innerhalb der eng zusammenhaltenden Familien- und Ortsverbände ausgelebt werden kann, die auch im Süden Italiens vom Aussterben bedroht sind.
Osterlämmer & Teigzöpfe mit Ei
Weniger ernst geht es dann am Ostersonntag nach den Umzügen und religiösen Ehrerbietungen zu: In den Auslagen der Pasticcerie liegen die typischen Osterlämmer aus Mandelpaste, die oft viel zu schön und aufwändig dekoriert sind, um sie zu essen. Daneben gibt es die „Scarcelle di Pasqua”, Teigzöpfe, die ein gekochtes Ei umschliessen.
Natürlich dürfen die süßen „Taralli” nicht fehlen, die mit Anislikör zubereitet werden und mit einer Zitronen-Zuckerglasur überzogen werden. Einen Siegeszug durch viele europäische Länder hat schließlich auch eine andere Nascherei hinter sich: Wer hat schon eines der in quietschbunter, glänzender Folie eingepackten, typisch italienischen Ostereier mit Überraschung mit nach Hause gebracht?