Die Fidelität des gewachsenen Marktplatzes spürt man bereits am Kreisverkehr vor der Markthalle. „Glückliche Leute beim Tanzen“ heißt die zehn Meter hohe Skulptur mitten im Springbrunnen an der Prachtallee von Loulé. Der Blick durch den Ring mit dem tanzenden Pärchen obenauf und die Statuette eines Akkordeonspielers zu ihren Füßen ist gleichzeitig der Eintritt in die Altstadt.
Wie alle Städte in der Algarve, atmet Loulé Nostalgie ein und Moderne aus, erzählt auf einem Spaziergang von über tausend Jahren Zeitgeschichte und überrascht hinter jeder Straßenecke wieder mit Romantik, Straßenkunst und grünen Oasen. Das Stadtbild im Zentrum ist geprägt von Wehrtürmen, Burgmauern und Stadttoren, von Kirchen, Klöstern und Kapellen, von prächtigen Palais und Kaufmannshäusern, von engen Gassen und lauschigen Plätzen. Abseits der Küste gelegen, diente der Standort bereits in der Antike als Handelsplatz zwischen dem Landesinneren und der Küste. So überrascht es kaum, dass der Herzschlag der Stadt auch 2000 Jahre später rund um die Markthalle pulsiert.
Die Markthalle von Loulé
Neo-Maurisch inspiriert, bietet die orientalisch anmutende Markthalle Mercado de Loulé mit ihren vier Hufeisenförmigen Eingängen von montags bis samstags Frischmarkt-Vergnügen. Jeden Vormittag kann man hier einkaufen, Häppchen probieren, frühstücken oder einfach bloß bummeln und staunen, was es neben Fisch, Fleisch und Gemüse sonst noch gibt. Kulinarische Souvenirs wie Meersalz von der Algarve-Küste zum Beispiel, Fischkonserven mit Design-Banderolen, regionale Weinsorten, Käse in diversen Kategorien neben herzhaften Schinkenkeulen und Hausmacherwürsten, bieten Händler feil, sowie Kunsthandwerk aus der Region. Jeden Samstagvormittag bevölkern zusätzlich ambulante Stände die Nebenstraße außen um die Markthalle herum, wo Kleinproduzenten ihre erntefrischen Produkte verkaufen.
Verstecktes Tor in eine schattige Oase
Das imposante Rathausgebäude gleich rechts neben der Markthalle, untergebracht in einem ehemaligen aristokratischen Palast aus dem 19. Jahrhundert gewährt an seiner rechten Seite unter dem Uhrenturm Durchlass zwischen alten Gemäuern hindurch, von wo aus man durch ein Holztor in das Kloster Espírito Santo gelangt.
Das ehemalige Klostergebäude bietet Raum für Büros, Künstlerateliers, Musikschule und einen Cafégarten im Kreuzgang Hof. Im Schatten eines ausladend gewachsenen, aus Brasilien stammenden Araukarien-Baumes verweilt man umgeben von Arkaden in der Zurückgezogenheit des alten Klosters. Ein überraschend ruhiges Refugium für eine Pause.
Durch den Hinterausgang tritt man ein in den antiken Teil der Altstadt. Hier stehen Häuser mit Flachdach, niedrigen Türen und eng aneinandergebaut in asymmetrischer Anordnung links und rechts der schmalen Gassen, die man wie in Medina-Stadtvierteln üblich, immer noch nur zu Fuß erkunden kann.
Das städtische Flair auf der Avenida Costa Mealha bleibt hier ausgesperrt. Links die Gasse entlang geht es im Zickzackkurs zurück zum Markt, rechts führt sie zum Städtischen Museum mit Burgzinnen und zum Largo D. Pedro I, mit archäologischer Ausgrabungsstätte eines arabischen Hammams.
Der Geruch nach feuchter Erde, absorbiert in den uralten Mauersockeln, verrät sofort, dass hier einst eine Badeanstalt stand. An der Rückseite des Gebäudes verbirgt sich der Stadtbrunnen.
Im Stadtmuseum von Loulé
Eine Glastür führt vom Platz D. Pedro I, in das Städtische Museum von Loulé und auf die Burgzinnen bis hinauf auf den höchsten Wachturm Torre da Barbacá. Geschützt von einer über dreißig Meter hoch aufragenden Wehrmauer, lag die königliche Herberge der maurischen und später christlichen Gesandten des Königs. Zu den berühmtesten Gästen gehörten König Alfons V, König D. Pedro I, sowie König Sebastian von Portugal. Während Ihre Exzellenzen im ersten Stock in einem königlich eingerichteten Schlafgemach in bequemen Betten mit Himmel und flauschigen Kissen träumten, schlief ihre Eskorte unten in den Katakomben bei den Pferden
Öffnungszeiten Stadtmuseum Loulé: Di – Fr 10 – 18 Uhr, Sa 10 – 16.30 Uhr
Heute befindet sich in diesen Katakomben das archäologische Museum mit Fundstücken aus Loulé, die den historischen Verlauf der Stadt als Handelsplatz zwischen Orient und Okzident, zwischen Kultur und Religion, und zwischen Binnenland und Küste dokumentieren. Besonders interessant ist die Sammlung von Aber-Millionen Jahre alte Fossilien. In der Gewölbedecke in der Mitte prangt ein einzelner, quadratischer Kopfstein. Wer den herauszieht, bringt das gesamte Gebäude zum Einsturz, heißt es mit Augenzwinkern.
Fossilien im Stadtmuseum Kopfstein im Stadtmuseum
In den ersten Stock führt eine Treppe vorbei an einer traditionell eingerichteten Herrenhaus-Küche auf die Burgmauer. Von den Zinnen aus fächert sich das Panorama auf bis zur Küste nach Quarteira. Auf der Hügelkuppe westlich vor den Toren der Stadt steht eine mittelalterliche Kirche neben einer modernen Kirche mit Kuppel. Dort ist das Heiligtum Santuário da Nossa Senhora de Piedade untergebracht, wohin der Ausflug nach der Mittagspause führt.
Am Fuße der Festungsmauer befindet sich das alte Handwerker-Viertel. Übrig geblieben ist die Kesselflicker-Werkstatt. Beim Mestre Caldereiro gibt es aber heutzutage längst nicht mehr nur Henkeltöpfe zu kaufen, sondern auf Hochglanz polierte Cataplana-Töpfe für den traditionellen Algarve Fisch-Eintopf sowie von Hand gearbeitete Lampenschirme aus Messing und Kupfer sowie Design-Schmuck aus der Metallschmiede.
Von dort führt die Straße zum unteren Ende der Hauptallee von Loulé und in die Fußgängerzone mit Geschäften, Cafés und Boutiquen. In der Mittagspause schließen die Geschäfte. Loulé setzt sich zu Tisch. Geprägt von den Gaben aus dem Meer vor der Haustür und von den Feldern der Serra bietet die lokale Gastronomie eine Vielzahl Speisen für jeden Geschmack. Attraktiv für Touristen aufbereitet, halten zusätzlich Themenrestaurants vegane, vegetarische, und mediterran servierte Küche bereit. Traditionelle Tagesgerichte findet man in der Straße Rua Dona Filipa Vilhena und rund um die Markthalle. Wer mag, probiert delikat regional typische Gerichte aus Maismehl, Papas de Milho, oder Grão com Galinha, Kichererbsen Eintopf, sowie feine Fischgerichte vom Grill und aus dem Topf.
Prozessionen und Osterfeierlichkeiten in Loulé
Zum Heiligtum Santuário Nossa Senhora de Piedade führt eine eigene Straße hinauf, oder wer mag, erklimmt zu Fuß den mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Pilgerweg, den Tausende Gläubige an ihrem religiösen Fest an Ostern zu Ehren ihrer Schutzheiligen Mae Soberana feiern. Die Schutzheilige, eine 380 Kilogramm schwere Madonna im Baldachin, wird von acht Männern, den sogenannten Homens de Andor, auf den Schultern an Ostersonntag in einer feierlichen Prozession aus der antiken Kapelle am Heiligtum auf dem Hügel in die Kirche São Francisco in die Stadt getragen.
Richtig spannend wird es zwei Wochen später am 2. Sonntag nach Ostersonntag, wenn die Träger die Ikone zurück in ihr Heiligtum schleppen. Tausende Pilger folgen der Schutzheiligen Mae Soberana und dem Prozessionszug quer durch die Stadt – und zum Schluss im Dauerlauf den Hügel hinauf. Die Luft flirrt, die Sonne geht unter, die Fackeln brennen und die acht Träger rennen im Schweiße ihres Angesichts und im Namen aller in der Stadt zur Kirche hinauf, und bitten symbolisch mit diesem Kraftakt um Schutz und reiche Ernte für das kommende Jahr. Rechts und links des Pilgerweges stehen Gläubige, klatschen erst langsam, dann schneller und feuern die Träger zum schneller laufen an. Musik ertönt, der Takt beschleunigt, je steiler der Weg, und steigert sich in ein fulminantes Finale, begleitet von „Viva!“, lebe Hoch-Rufen, sobald die Träger mit der Madonna ihr Ziel erreichen.
Osterfeierlichkeiten 2019: Prozession Ostersonntag (21. April) ab ca. 15 Uhr; Prozession 2. Sonntag nach Ostern (5. Mai) – ab ca. 17 Uhr
Mae Soberana – Ein wahrlich emotionales Erlebnis für alle Beteiligten. So finden zwischen Ostersonntag und dem Sonntag der Barmherzigkeit jeden Tag andere religiöse Zeremonien statt und gewähren dem Besucher Einblick in die nach wie vor tief verwurzelte Religiosität. Um ihren Dank für ihr Studium auszudrücken, legen Studenten den Trägern ihre Universitäts-Umhänge zu Füßen. Kinder bekommen einen eigenen Gottesdienst, um der Madonna ihre Wünsche vorzutragen. Erwachsene leisten Fürbitte. Über 400 Jahre Brauchtum kommen in diesem Pilgerfest zum Ausdruck.
Ein Abstecher zum Heiligtum und seine beiden Kirchen lohnt übrigens zu jeder Jahreszeit. Mit oder ohne Prozession, die Aussicht ist grandios.