Die Korkeiche in Portugal wurde 2018 zum Baum des Jahres gewählt. Er ist eine wahr portugiesische Kulturidentität und schenkt den Waldarbeitern jedes Jahr wieder Arbeit und Salär. Den Enkeln des Waldbesitzers wird eine solide nachhaltige Existenz. Wir nehmen Dich mit auf eine Reise der Korkernte in Portugal!
Innehalten, die leise Musik der Natur genießen. Das Rauschen des Windes in den Baumkronen der Schirmpinien und Zedern. Ein Bach gluckst irgendwo in der Nähe. Bienen summen geschäftig im Rosmarinbusch. Der Wald ruht. Bis ein fremdes Geräusch ertönt. Plop. Dem Geräusch folgend, führt ein schmaler, kaum ausgetretener Pfad fort vom Hauptweg direkt in den Wald hinein. Dieser geht im Slalom zwischen Bäumen hindurch, scheinbar ins Nirgendwo, bergauf, bergab, bis zu einem Hügel, an deren steil abfallenden Hängen, Korkeichen stehen. Knorrige, dick gewachsene Bäume, mit einer wie zu einer Gabel gespaltenen Ast Krone, deren Äste sich aufspreizen und ausbreiten zu einem riesigen Schirm. Sonnenschirm, Sobreiro heißt dieser Baum in Portugal.
Arbeiten in steilen Hängen: Korkernte in Portugal
Unter einem Medronho-Busch steht eine Kühltasche. Kalte Getränke und eine leichte Mahlzeit für die drei Männer, die seit Sonnenaufgang hier im Wald arbeiten. Die Stämme der mächtigen Korkeichenbäume an den steilen Hängen in der Serra de Monchique im Westen der Algarve, oder in der Serra de Caldeirão bei São Bras de Alportel im Osten, werden von Korkschwamm befreien.
Die anfallende Arbeit für die Drei Arbeitenden
Einer arbeitet unten am Stamm, der zweite klettert mit einer Leiter bis in die Astgabel hinauf und arbeitet in luftiger Höhe. Beide Waldarbeiter tragen keine Schutzkleidung, keinen Helm, nicht einmal Arbeitshandschuhe. Ihre Gesichter glänzen im Angesicht der Arbeit, die hinter ihnen liegt. Etwa dreißig Bäumen haben sie heute bereits den Korkschwamm vom Mutterstamm gelöst. Wie eh und je in Handarbeit und Baum für Baum.
Der Dritte im Bunde ist der Träger. Er schultert den geernteten Kork und trägt ihn zurück zum Hauptweg zum abgestellten Anhänger, den der Patrão, der Waldbesitzer, später voll beladen abholt, mit den drei Männern in den nächsten Ort fährt und dort zu Mittag mit ihnen isst, bevor sie am Nachmittag die kräftezehrende Korkernte fortsetzen.
Traditionen werden weitergegeben
Die Drei unterbrechen ihre Arbeit, nehmen dankbar das angebotene eiskalte Bier und lassen es sich schmecken. Die zwei Korkschäler sind Waldarbeiter. Von Mai bis August schälen sie Korkeichen, in den restlichen Monaten des Jahres arbeiten sie in Sägewerken, Baumschulen oder Plantagen. Kork schälen gelernt haben die Beiden in keiner Schule, sondern von ihren Vätern. Dafür braucht man keine Bücher, sondern die Liebe zum Baum und zu Mutter Erde, erklären sie. Der Dritte ist eigentlich Pharmazeut, aber seit einigen Monaten arbeitslos, und verdingt sich mit der Arbeit als Träger von Korkstücken momentan als Tagelöhner.
Korkernte in Portugal: Kork schälen
Für die Korkernte braucht man Fingerspitzengefühl, um den Stamm nicht zu verletzen, erklären die Waldarbeiter. Sie zeigen Schritt für Schritt, wie das mit dem Kork schälen, oder ablösen, oder abreißen, oder wie eigentlich, funktioniert: Mit einem seichten Wurf geworfen, spaltet die abgerundete Klinge einer kurzstieligen Axt den Korkschwamm außen am Baum. Die Rinde öffnet sich spröde geworden durch den beginnenden Sommer, mit eben diesem charakteristischen Plop. Danach öffnet der Waldarbeiter die Rinde um den Stamm herum und jeweils auf beiden Seiten des Baumfußes von oben nach unten. Anschließend dreht er die Axt um und schiebt die abgerundete Stiel-Spitze zwischen Schwamm und Stamm. Er hebelt den Korkschwamm in großen, halbrunden Stücken mit Muskelkraft vom Baum.
Diese Korkrindenstücke sind etwa 1,30 Meter hoch und heißen Prancha. Innen sieht man eine feine Kapillarstruktur, die den Korkschwamm am Stamm festhält, außen die knorrig gewachsene Borke. Dazwischen liegt der Korkschwamm mit seiner einzigartigen Struktur. Je älter der Baum, je dicker, dichter, weicher, je gleichmäßiger ziert die filigrane beigefarbene Struktur den Schwamm, desto höher steigt der Wert. Vom Stamm lösen kann man Kork bloß zwischen Mitte Mai und Ende Juli, wenn zwischen Stamm und Schwamm ein Vakuum entsteht, sonst würde der Kork splittern und zerbröseln.
Top-1-Export-Güter: Kork
Das älteste Export-Produkt Portugals zählt gleichzeitig noch zu den Nummer Eins Export-Gütern des Landes. Portugal ist der weltgrößte Korkproduzent und Lieferant. Mit Hochtechnologie wird der Korkschwamm zuerst von der Borke befreit, dann begradigt und anschließend zu ganz verschiedenen Produkten weiterverarbeitet. Zu Weinkorken natürlich, doch das ist kaum mehr lukrativ genug. Dafür hat sich Kork als strapazierfähiges und vielseitig verwendbares Material in der Modebranche längst ganz oben im Trend-Sujet der sogenannten must-have-accessoires einen Platz erobert und schmückt, zur Handtasche, zum Schuh, Hut oder Kappe, gar zu Schmuck verarbeitet, Sie und Ihn.
Korkeichen ist für den Enkel
Korkeichen kultivieren ist ein Generationenvertrag. Der Waldbauer pflanzt Eukalyptus für seine eigene Existenz, Kastanien und Kieferbäume für seinen Sohn – und Korkeichen für seinen Enkel. Ein Scherflein an Mutter Natur, denn die Korkeiche wacht über den Wald, spendet dem Boden und den Tieren Schatten, bündelt Nährstoffe, und speichert Wasser. Jeder Baumsprössling muss aber erst dreißig Jahre lang bis zur ersten Ernte wachsen. Die erste Ausbeute heißt Jungfrauenkork. Der Schwamm ist uneben pelzig. Dieser Kork wird geschreddert und in der Bauindustrie zu Granulat verarbeitet. Kork als alternativer und nachhaltiger Naturstoff in der Baubranche sorgt in Neubauten für gesundes Raumklima und in Theatern für eine hervorragende Akustik.
Warum „rote Strümpfe?”
Nach jeder Ernte benötigt jeder Baum wieder eine Dekade, bis der Schwamm dick genug ist, damit man ihn vom Stamm lösen kann. Frisch geerntet, glänzt der Stamm dann tonerdenrot, als trügen die Bäume „rote Strümpfe“. Eine Zahl am Ast verrät, wann dieser Baum wieder reif zur nächsten Ernte ist. In diesem Jahr markiert eine Neun die nackten Stämme. Somit dauert es bis 2029 bis zur nächsten Ernte.
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