OLIMAR Kollegin Roswitha Hildebrand hat viele Jahre im Spanien Serviceteam gearbeitet und unzählige Dienstreisen und auch Urlaube auf der iberischen Halbinsel verbracht. Sie kennt insbesondere das Landesinnere Spaniens aus dem Effeff und weiß ganz genau, in welchen Regionen und Orten Urlauber besondere Highlights entdecken können. Wir haben Roswitha zu ihren persönlichen Tipps und Empfehlungen befragt.
OLIMAR: Der Norden Spaniens mit den Regionen Galicien, Asturien oder Kantabrien ist für Deutsche ein eher unbekanntes und ungewöhnliches Reiseziel. Doch weshalb und für wen lohnt sich eine Reise gerade dorthin?
Roswitha Hildebrand: Diese Regionen eignen sich zum einen für alle, die gern auch im Sommer eher aktiven Urlaub machen möchten. Es wird in diesen nordspanischen Regionen auch im Juli/August nie zu heiß, so dass man toll Biken, Wandern und Trekken kann. Zum anderen lässt sich in Nordspanien so viel entdecken! Wer nur am Strand entspannen möchte, ist hier definitiv fehl am Platz. Stattdessen kann man abwechslungsreiche Touren entlang der Küste unternehmen, Abstecher in die Berge oder ins Hinterland machen, schöne Städte besichtigen, Kultur (Romanik) und historische Monumente entdecken,… Je nachdem, wie lange der Urlaub dauern kann, ist es sinnvoll, den Aufenthalt auf drei oder vier verschiedene Standorte zu verteilen. So kann man die einzelnen Ecken entspannt kennenlernen.
OLIMAR: Was macht die Natur Nordspaniens derart faszinierend und was ist besonders typisch für die Region?
Roswitha Hildebrand: Man findet hier eine abwechslungsreiche, sehr grüne Landschaft mit hohen Bergen, den Picos de Europa. Dort gibt es übrigens schöne und bestens ausgeschilderte Wanderrouten! Dabei stößt man auch immer wieder auf Kirchen und Klöster entlang des Jakobspilgerweges. Man entdeckt zahlreiche herrliche, geschwungene Buchten mit Badestränden und schöne, ursprüngliche Fischerdörfer. Der berühmte Kathedralenstrand nahe Ribadeo (Galicien) ist hier zu nennen oder die fjordartigen Rias von Galicien (s. auch Artikel “Wilde Strände, Miesmuscheln und die Rías: Galiciens Naturreichtümer”).
Muschelzucht ist übrigens ein wichtiges Thema in dieser Region. Und der fangfrische Fisch ist von einzigartiger Qualität – daher werden hier die meisten Fisch-Konserven hergestellt. Der würzige Blauschimmelkäse Cabrales, der in Höhlen reift, stammt aus Nordspanien. Genauer, aus Asturien (s. auch Artikel “Cabrales: Spaniens Blauschimmelkäse aus Asturien”). Wer je die glücklichen Kühe hoch oben in den austurischen Bergen gesehen hat, weiß, warum Käse und Butter aus dieser Region so lecker sind. Und auch das Rindfleisch ist von sehr guter Qualität. Die Lebensmittelproduktion ist generell sehr nachhaltig und vorbildlich: Es gibt wenig Massentierhaltung, die Bevölkerung in Nordspanien legt viel Wert auf hochwertige Nahrungsmittel. Übrigens ließ sich Julio Iglesias, dessen Vater aus Nordspanien stammt, daher jahrelang jede Woche eine Kiste Meeresfrüchte aus Galicien in die USA fliegen. Und eines seiner berühmtesten Lieder widmete er seiner schönen Heimat: Un canto a Galicia …
OLIMAR: Welche Region Spaniens kann am meisten überraschen oder wird am meisten unterschätzt?
Roswitha Hildebrand: Ich würde sagen, das ist die Extremadura, die kaum einem deutschen Urlauber ein Begriff ist. Die eher karge Region befindet sich im Herzen der iberischen Halbinsel, südwestlich von Madrid und angrenzend an Portugal bis hinunter nach Andalusien. Man übersetzt „Extremadura“ mit „extrem hart“ aber auch mit „jenseits des Duero“, dem Fluss, der Nordspanien durchquert und bei Porto im Atlantik mündet. Beides stimmt.
Die Extremadura ist das am dünnsten besiedelte Gebiet Spaniens. Von hier stammen viele der spanischen Eroberer (Hernán Cortés, Pizarro, Soto), die die Neue Welt entdeckten und dort die Reichtümer für die spanische Krone raubten. Burgen, Kastelle, Kirchen und Klöster in der Extremadura zeugen noch heute davon.
Die für mich schönsten Städte in der Extremadura sind: Mérida – diese Stadt war bereits von den Römern besiedelt. Man kann daher ein wunderbares römisches Theater besichtigen sowie Tempel, Ausgrabungen und ein Museum. Auch Cáceres ist herrlich! Diese Stadt gleicht einer Filmkulisse! Und so wurde auch der Historienfilm „1492: die Eroberung des Paradieses“, in Cáceres gedreht. Hier hat übrigens der leicht exzentrische Kölner Bildhauer, Maler und Happeningkünstler Wolf Vostell in Malpartida de Cáceres im Jahr 1974 in einer ehemaligen Wollwäscherei ein Museum eingerichtet („Museo Vostell Malpartida“). Seine Witwe lebte noch bis vor einigen Jahren dort. Weitere sehenswerte Städte in der Extremadura sind Trujillo (Geburtsort des Konquistadoren Francisco Pizarro), Guadalupe (einer der wichtigsten Wallfahrtsorte mit dem Kloster der schwarzen Madonna), Plasencia (mit schöner Kathedrale und Altstadt) und auch Yuste (hier wohnte Kaiser Karl V. bis zu seinem Tod). Insgesamt ist die Extremadura eine Region, in der für mich die Zeit wie stehengeblieben zu sein scheint.
Mehr Informationen und Impressionen zur Extremadura gibt’s auch im Artikel “Eindrücke von Extremadura – Spanien pur!”
OLIMAR: Madrid und insbesondere Barcelona sind bei Deutschen beliebte Städtetrip-Ziele. Immer häufiger liest man auch von Málaga als lohnenswertes Besichtigungsziel. Welche Städte in Spanien sind noch „en Vogue“?
Roswitha Hildebrand: Richtig, Málaga hat als City Destination durch die neuen, bequemen Flugverbindungen gut aufgeholt. Die andalusische Küstenstadt bietet ein breit gefächertes kulturelles Angebot: Highlights sind das Museum Carmen Thyssen, das Picasso-Museum, das Centre Pompidou, die herrliche Kathedrale, die arabische Festungsanlage, … Außerdem hat Málaga eine schöne, überschaubare Altstadt mit tollen stylischen Bars und rustikalen Kneipen und Restaurants zu bieten. Es gibt vergleichsweise preisgünstige Hotels, gute Shoppingmöglichkeiten, eine schöne historische Markthalle. Hinzu kommt, dass Málaga ein idealer Ausgangspunkt ist für Ausflüge nach Granada, Córdoba, in die berühmten Weißen Dörfer Andalusiens (s. auch Artikel “Pueblos Blancos – die weißen Dörfer Andalusiens”) sowie zu schönen Stränden. Málaga entspricht aber auch genau der Idealvorstellung, die die meisten Deutschen von Spanien haben: Palmen, Strände, türkisblaues Meer, weiße Häuser mit schattigen Patios und ein quirliges Nachtleben. Mehr Informationen und viele Tipps zu Málaga gibt’s im Artikel “Ein Tag in … Málaga!”.
Ganz anders und gegensätzlich ist mein 2. Tipp für einen Spanien Städtetrip: Bilbao! Ehemals von der Schwerindustrie geprägt, ist die Stadt im Baskenland seit 20 Jahren Mekka der modernen Architektur: das Guggenheim-Musem von Frank O. Gehry, die U-Bahnhöfe von Sir Norman Foster, der Flughafenterminal und die Brücke „Zubizuri“ über den Nervión Fluss von Santiago Calatrava, spektakuläre Gebäude von Zaha Hadid, Arata Isozaki und Philippe Starck… Bilbao ist reich an architektonischen Juwelen!
Daneben gibt es schöne Bauten im Jugendstil, ein Theater im Neobarock, die Plaza Nueva mit den klassischen Arkaden, der eindrucksvolle Bau des Ribera Marktes. Bilbao ist Avantgarde: sowohl in der Mode – mit vielen kleinen Designerläden – als auch in der Kunst – mit vielen hippen Galerien.
Und natürlich auch in der Küche: Die köstlichen Tapas heißen hier Pintxos und sind allesamt kleine Kunstwerke, bei denen die Farbgestaltung genauso wichtig ist wie der Geschmack. Fast sind sie häufig zu schade zum Verzehren, denn sie sehen so hübsch aus! Die Lokale wetteifern jedes Jahr aufs Neue miteinander um die ausgefallensten Kreationen, die dann prämiert werden. Die Basken sind strebsam, geschäftstüchtig, die Universitäten haben ein hohes Niveau und der Lebensstandard ist hoch. Das kantabrische Meer ist wild, dunkelblau, oft von Schaumkronen verziert und der Himmel auch schon ab und an dunkel, wolkig und regnen kann es hier auch im Sommer mal. Dafür wird es selten richtig heiß und die Spanier selbst lieben ihren Norden dafür besonders in den heißen Sommermonaten. Geschwungene, von Felsen eingerahmte Strände gibt es in der Umgebung von Bilbao reichlich. Pools und Schwimmbäder sind daher auch in guten Hotels eher selten. Bilbao ist einfach eine herbe Schönheit, die immer mehr Weltenbummler auf Entdeckungsreise lockt. Tolle Ausflüge von hier aus gehen übrigens nach San Sebastian, das vornehme Seebad aus der Belle Époque, das stolz ist auf die größte Dichte an Sternerestaurants (s. auch Artikel “Kulinarik im Baskenland: Wo Sterneköche zu Hause sind”)! Und auch die berühmten Weinregionen der Rioja und Rioja Alavesa können von Bilbao aus gut besucht werden.
Mehr zu Bilbao und viele Tipps gibt’s im Artikel “Ein Tag in … Bilbao!”.
OLIMAR: Im OLIMAR Programm gibt es viele Rundreisen mit bereits vorreservierten Unterkünften und Mietwagen, auf denen man Spaniens Highlights entdecken kann. Hast du einen besonderen Rundreise-Tipp?
Roswitha Hildebrand: Wenn man etwas länger Zeit zur Verfügung hat, empfehle ich die 11-tägige Reise „Spaniens grüner Norden“, bei der man die Unterkunftsart „Paradores“ wählen sollte. Schön ist, wenn man die Tour anschließend noch um ein paar Tage verlängern kann. Zum Beispiel an den galicischen Rias oder in Santiago. Im OLIMAR Programm gibt es viele schöne Unterkünfte, die für einen Verlängerungsaufenthalt bequem hinzugebucht werden können.
OLIMAR: Welche Region Spaniens ist deine persönliche Lieblingsregion und warum?
Roswitha Hildebrand: Meine Lieblingsregion zum Entspannen ist ganz klassisch der Westen Andalusiens, genauer die Region Cádiz/ Jerez/ Rota. Am liebsten reise ich Anfang Juni oder Ende September dorthin. Wenn ich Lust zum Herumreisen habe, dann führt mich der Weg meistens in Spaniens Norden: nach Galicien und ins Baskenland.