Empoli im Herzen der Toskana. Mit fast 49.000 Einwohnern schon eine größere Kleinstadt und Hauptort des Städteverbundes Empolese Valdelsa, der sich von Vinci im Norden bis nach Montaione im Süden hinzieht. 55 km von Pisa, 35 km von Florenz und 75 km von Siena entfernt und umgeben von toskanischer Hügellandschaft mit Weinreben, Olivenbäumen und zahlreichen Agriturismo Höfen, die sowohl Unterkunft in Zimmern als auch in Appartements anbieten.
Eigentlich eine perfekte Mischung, um den Ort zu einem bekannten Tourismuszentrum zu machen. Das hat aber bisher nicht funktioniert. Die Zwangspause durch die Corona-Krise gibt diesem Ort die Gelegenheit, sich darüber Gedanken zu machen, alle Strategien zu analysieren und eine neue Identität zu finden. OLIMAR Kollegin Viorica aus dem Italien-Team hat die Tourismusbeauftragte der Gemeinde Giulia Terreni dazu in einem Zoom-Online-Videokoferenz befragt. Das Video finden Sie am Seitenende, das Transkript des Interviews lesen Sie nachfolgend:
Guten Abend Assessore Terreni, und danke, dass Sie sich für dieses Gespräch Zeit genommen haben.
Die Toskana scheint die Covid-Krise recht gut zu meistern, die Zahlen der Ansteckungen halten sich im Rahmen, wie ist die Situation im Augenblick in Empoli?
Empoli hat sich wie die gesamte Toskana glücklicherweise gut gehalten, obwohl auch wir am Anfang nicht so richtig an die Ausmaße dieser Epidemie geglaubt haben. Wir haben aber rechtzeitig reagieren können und vor allem die sofortige rigorose Ausgangs- und Kontaktsperre hat sicher dazu beigetragen, dass sich das Virus nicht in der Stadt und der Umgebung ausbreiten konnte. Auch wenn es nicht gerade einfach ist, uns Italiener einzusperren, hat die Bevölkerung doch große Disziplin gezeigt und dabei geholfen, die Ansteckungszahlen klein zu halten.
Die Stadt Empoli liegt inmitten des Dreiecks der weltbekannten Kunststädte der Toskana, Florenz, Pisa und Siena, Lucca und Pistoia sind auch in wenigen Kilometern zu erreichen. Es scheint aber fast so, als wenn Empoli davon erdrückt worden wäre und sich keine eigene touristische Identität schaffen konnte obwohl es sich doch anbietet, die strategische Nähe zu diesen Städten auszunutzen.
Ja das stimmt, Empoli war schon seit der Gründung durch die Römer ein Marktplatz, ein Umschlagplatz für Waren, ein oft heftig umkämpfter Grenzort zwischen den verschiedenen Fürstentümern und Stadtstaaten. Der Boden dieser Gegend war schon immer sehr fruchtbar und hier wurde alles das angebaut, was man in der Stadt nötig brauchte. Empoli war beispielsweise der Getreidelieferant von Florenz. Im Mittelalter wurde im Hafen am Arno das Salz von der nahen Küste ins Inland umgeschlagen, heute hat im Salzspeicher aus dem 14. Jahrhundert das Glasmuseum MUVE seinen Sitz, das wiederum einen wichtigen Exportschlager der Stadt ausstellt: das grüne Glas, das hier ab dem 18. Bis ins 20. Jahrhundert hergestellt wurde. Wichtige Kleiderkonfektionen und Pelzverarbeitungen trugen zum Wirtschaftsboom im vorigen Jahrhundert bei. Aus dieser Tradition heraus entwickelte sich der Ort über die Jahrhunderte zu einem klassischen Industriestandort und genau so wurde er bisher auch von seinen Einwohnern und Besuchern wahrgenommen. Als Konsequenz haben sich in der Zwischenzeit kleinere Ortschaften der Umgebung, die nicht von dieser Tradition «belastet» waren, eher einen Namen im nationalen, aber auch internationalen Tourismusgeschäft gemacht.
Die Situation ändert sich aber gewaltig, was auch von der Corona Epidemie angefacht wird, und man besinnt sich auf die Rolle, die unsere Stadt in der zukünftigen Entwicklung des Tourismus spielen könnte.
Das bedeutet, dass man praktisch ganz von vorne anfangen und das mögliche Potenzial aufarbeiten muss?
Ja genau, denn bisher wurde Empoli eher als logistischer Stützpunkt geschätzt. Der Bahnhof liegt genau auf der Hälfte der Strecke zwischen Florenz und Pisa, und auch von Florenz nach Siena kann man mit dem Zug nur über Empoli fahren. Vor dieser dramatischen Krise haben wir einen generellen Anstieg der Zahlen von Touristen aus dem nördlichen Ausland verzeichnet. Wir haben das vor allem auf den Massentourismus in den großen Kunststädten geschoben, der vor der Krise rasant angestiegen ist.
Könnte es sein, dass sich die Besucher der Toskana wieder auf etwas ruhigere Zielorte für ihren Aufenthalt besinnen?
Ja, so sieht es aus, und wir konnten auch vermehrt Familien mit Kindern beobachten. Die anderen Städte sind teils chaotisch, laut und teuer, bei uns ist das Leben noch gelassener und auch authentischer. Und es gibt ja noch eine ganze Serie weiterer wichtiger Gründe, die einen Besuch wert sind: die Etappen 29 und 30 der Pilgerstrasse Via Francigena (Frankenweg) befinden sich nur wenige Kilometer von hier entfernt. Die Landschaft hat alles was sich Toskana-Besucher davon versprechen, einschließlich der typischen Produkte, hochwertiger Weiß- und Rotwein und Olivenöl, die direkt in den Höfen verkostet werden können. Empoli selbst bietet nicht nur einen schönen historischen Stadtkern mit einer romanischen Kollegiatkirche, sondern auch eine große Auswahl an Geschäften.
Wie sieht es mit den Unterkünften aus, steht denn für einen zukünftigen touristischen Aufschwung genug Auswahl zur Verfügung?
Auf jeden Fall. Vom Bed & Breakfast bis zum 4-Sterne-Hotel stehen alle Unterkunftsarten zur Verfügung.
Wie sehen die konkreten Projekte für die Zeit nach der Corona-Krise aus?
Leider müssen wir mehrere Vorhaben stoppen, alle unsere Kräfte sind gerade auf die Unterstützung des Gesundheitswesens konzentriert. Alles andere muss daher gerade verständlicherweise in den Hintergrund gestellt werden. Wir hatten aber schon einige Initiativen genehmigt bekommen, darunter ein eigenes Informationsbüro genau beim Bahnhof, in dem Touristen sich nicht nur alle wichtigen Auskünfte für einen Aufenthalt oder einen Besuch der Stadt holen oder eine Unterkunft buchen können, sondern auch Informationen zu den Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten und auch einen Überblick über die besten Produkte bekommen.
Noch eine letzte Frage: In Empoli ist gerade der Arno-Fahrradweg zwischen Pisa und Florenz im Bau. Ab wann kann man davon ausgehen, dass die ganze Strecke fertiggestellt ist, so dass man sie auch in eine mögliches Reiseprogramm aufnehmen kann?
Leider ist auch unser Streckenabschnitt von dem allgemeinen Stopp betroffen. Und alle anderen Gemeinden, die sich daran beteiligen sind in der gleichen Situation. Aber wir hoffen, dass wir in den nächsten zwei Jahren alles fertig stellen können und dann auch viele begeisterte Fahrradfahrer in Empoli Halt machen werden, um die Stadt in aller Ruhe zu entdecken.
Assessore Terreni wir bedanken uns für das Gespräch.
Hoteltipp für Empoli in der Toskana
Das Borgo San Giusto vor den Toren der Stadt Empoli bezaubert mit typischem Toskana-Flair und zeitgemäßem Komfort. Ein schöner Garten mit Skulpturen junger Künstler prägt dieses vor wenigen Jahren eröffnete Anwesen in idyllischer Panorama-Hügellage.