Asturien ist schmutziger als das Baskenland. Diese Erkenntnis macht Eva Maria Pollmeier gerade bei der zweiten Etappe ihres Spanien- und Portugaltrips. Die Kölnerin reist mit einem kritischen Blick, denn sie hat eine Mission: Sie möchte die südeuropäischen Strände mit ihrer Atlantic-Beach-Clean-up-Aktion vom Plastikmüll befreien, um auf die Verschmutzung der Meere durch Kunststoff aufmerksam zu machen.
Im asturischen San Juan de la Arena gibt es für die Aktivistin besonders viel zu tun. Am Strand findet sie tiefbraun angelaufene Plastikflaschen, die einmal weiß und mit Milch gefüllt waren, und eine riesige Tonne, die mittlerweile einer Muschelkolonie als Zuhause dient. Auch einen Plastikpuppenkopf hat das Meer irgendwann angespült. Nun steckt er in den Dünen fest. Eva schneidet ihn mit dem Messer aus dem harten Sand. Wind und Wellen haben schwarz gesprenkelten Schatten um die hohlen Augen hinterlassen. Auf dem Haupt thront eine wirre Mischung aus schwarzgekraustem Kunststoffhaar und kleinen Wurzelteilen der Dünenpflanzen, die sich darin verfangen haben. Der Puppenkopf wirkt wie ein Symbol für die anstehende Apokalypse, den drohenden Exitus des Lebens im Meer.
Die Menschen haben ihn viel zu lang ignoriert. „Der Müll ist mit Sicherheit zehn Jahre alt“, schätzt Pollmeier. Sie verfasst Hilferufe, Zettel, die mit der Bitte beschriftet, sie beim Müllsammeln zu unterstützen, auf Englisch und auf Spanisch. Es folgt keinerlei Resonanz. „Es ist wie bei einem Unfall, die Menschen schauen kurz und dann schnell wieder weg“, erzählt Eva. Vielleicht ist das Unbehagen gepaart mit ein wenig Schuldbewusstsein.
TV-Hinweis: Das WDR Fernsehen berichtete am 12. August mit einer Reportage im Rahmen der “Aktuelle Stunde” über Eva Maria Pollmeiers Beach Cleanup-Tour durch Spanien und Portugal. Hier geht’s zum Beitrag in der WDR-Mediathek.
Ein älterer Spanier erzählt ihr, dass seine Landsleute nicht sonderlich viel Umweltbewusstsein besitzen. „Aber er hat mir auch gesagt, dass die Bewohner der Gegend eher arm sind“, schildert sie. In ihrer finanziellen Bedrängnis könnten sie sich nicht vorstellen, dass sie den Müll aufsammeln, ohne dafür bezahlt zu werden. Eva versteht das, bedauert es aber. Sie macht sich allein ans Werk, sammelt säckeweise Müll und transportiert sie mit ihrem Bollerwagen zu einem großen Müllcontainer.
Die frisch gesäuberten Dünen zu sehen, wird für sie ein besonderes Erlebnis – ebenso wie der Besuch des Nachbarortes:
Santa Maria del Mar liegt nicht weit von San Juan die Arena entfernt und verzaubert sie mit seinen wellenumspülten Klippen, einem postkartentauglichen Sonnenuntergang und einem relativ sauberen Strand. Doch zwischen den Felsen findet sie angespültes Plastik, dieses Mal Hinterlassenschaften von Anglern und Fischern. „Hier liegen überall Kunststoff- und Nylonschnüre“, kommentiert sie. Keine schöne Vorstellung war passiert, wenn sich Meerestiere darin verheddern.
Der Playa de Xeno nahe der Stadt Avilés wirkt hingegen wie sanft in die hügelig-bewachsene Landschaft der grünen Küste Asturiens gebettet. Der breite Sandstrand mit der malerischen Landschaft im Hintergrund zum Baden und Spazierengehen ein. Nur wenige hundert Meter entfernt liegt dann jedoch der zweitdreckigste Strand ihrer Reise. Plastiktüten und leere Bierdosen verteilen sich über das Areal. Bei ihrer Säuberungsaktion hat sie dieses Mal tatkräftige Unterstützung: Ein Rentnerehepaar säubert bereits seit einiger Zeit jeden Sonntag den Sandstreifen vor ihrem Heimatort. Gemeinsam haben die drei Evas Bollerwagen schnell mit vollen Müllsäcken gefüllt. Eva macht eine Entdeckung: „Hier in Spanien sind es eher ältere Menschen und nicht etwa Fridays-for-Future-Kids, die mich ansprechen und sich um die Sauberkeit der Strände bemühen“, stellt sie fest.
In Gijon stößt Eva auf einen breiten Sandstreifen, der von Hochhäusern gesäumt ist und den die Verwaltung mit täglichen Säuberungsaktionen müllfrei hält.
Was Müllvermeidung betrifft, sieht Eva noch Verbesserungsbedarf: „Im Supermarkt werden die Einkäufe in unzählige Plastiktüten gepackt“, bemerkt sie. Einige Kilometer weiter entdeckt sie das alte Dörfchen Celorio. Es hat so einiges zu bieten: „Hier gibt es wirklich schöne Strände und Buchen“, stellt Eva fest, „aber abseits der Küste gibt es einiges für mich zu säubern.“ Die ursprüngliche Atmosphäre begeistert sie – besonders weil sie dort spanische Tradition erlebt: Die Dorfbewohner begehen die jährliche Feier zu Ehren der „Virgen del Carmen“, eine andere Bezeichnung für die Jungfrau Maria. In traditioneller Kleidung beten sie gemeinsam, dass der Fang gut ausfallen möge und möglichst keinem der Fischer etwas zustößt.
Auch an dem Hinterland findet Eva Gefallen: Der Parque Nacional de los Pocos bietet unzählige Wanderwege durch die schöne Landschaft.
Ins Schwärmen gerät die Aktivistin bei dem nächsten Abstecher an die Küste: „Ribadesella ist ein großartiger Ort“, findet sie, „ein uriges Fischerdörfchen mit einer malerischen Altstadt und einen schönen Strand. Es hat genau die richtige Größe, dazu ein hügeliges Hinterland. Man kann in 15 Minuten auf die Ermita die Guia steigen und hat einen großartigen Blick.“ Ihr Fazit: Asturien ist nicht überall sauber, aber doch sehr charmant.
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